Die Weimarer Studenten-, pardon: Studierenden-Szene ist woke, divers und international. Jedenfalls hat die studierende Tochter dem besuchenden Papa dies so vorgeführt. Eine wohl nicht ganz legale Nachtbar in einer privaten Garage der Weimarer Westvorstadt hat uns eine andere Facette der örtlichen Gastronomie gezeigt: die „Rhabarbar“. Die Garage gehört zu dem privaten Anwesen des kurzzeitigen Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich.
Archiv für die Kategorie ‘Allgemein’
Land-Art am Ortsrand: Aufgegebene Autobahn „Strecke 77“ bei Hamm
Die Nazis haben 1937 (andere Quellen: 1938 oder 1939) mit dem Bau einer Autobahn begonnen, die nie in Betrieb ging: Das als „Strecke 77“ bezeichnete Stück zwischen Hamm-Rhynern und Berwicke war als Teil einer Strecke gedacht, die das Ruhrgebiet mit Kassel und weiter mit Oberschlesien verbinden sollte. Durch einen allgemeinen Autobahn-Baustopp im Kriegsjahr 1942 nie vollendet, wurde die ursprüngliche Streckenplanung 1963 endgültig verworfen. Heute bedient stattdessen die A44 die Verbindung Dortmund-Kassel. Die Strecke 77 geriet in Vergessenheit, und der Großteil der schon errichteten 17 Bauwerke steht seitdem als flächenhaftes Land-Art-Mahnmal in der Gegend herum. Faszinierend!
Fools die laughing still: Frank Blomberg aka Dorsch †1983
Viele hielten ihn für einen Albino: helle Haut, weißblonde Haare, getönte Brille. Als ich ihn kennenlernte, war er drei Schulklassen unter mir. Er fiel auf dem Schulhof auf, weil er an seiner Jacke stets vier Buttons seiner bevorzugten Musikgruppen trug: Pink Floyd, Deep Purple, Whitesnake, Rolling Stones. Wir reden von 1980, da war sowas für einen 13-jährigen Teenager Glaubenssache.
Blitze, Busse und Telegraphen: Reliefs an der Post in Velten von 1931
Auf einem unserer legendären Sonntagsausflüge im Berliner Umland ist uns die Post in Velten, Landkreis Oberhavel, aufgefallen. Vier sehr originelle Reliefs zeugen von der Modernität des Postwesens in der Weimarer Republik.
Das gute Buch von 1970: Berlin und seine Bauten Teil IV Wohnungsbau Band A
Ein unscheinbares Buch von 1970 ist der absolute Star in meinem Bücherschrank: Es enthält in geradezu unfassbarer Detailganauigkeit Infos über alle baugeschichtlich relevanten Wohnungsbauten und Siedlungen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin. Da kommt kein Online-Angebot mit…
Götzerberge: Ein verwunschener Park eines „Ziegelbarons“ im Berliner Umland
Ein Foto eines aufgegebenen, zinnenbewehrten Wasserturms aus dem späten 19. Jahrhundert führte uns zu einem skurrilen Standort im Berliner Umland: Götzerberge, Gemeinde Groß Kreutz im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Dort findet sich ein romantischer Park, völlig überwuchert, aus dem späten 19. Jahrhundert – angereichert durch eine teils brachiale, teils sensible Überformung aus DDR-Zeiten.
Buchrezension: Endstation Größenwahn: Die „Sanierung“ von Essen-Steele (1998)
Das historisch bedeutende Ruhrgebiets-Städtchen Steele ist 1929 zu Essen eingemeindet worden. Kaum kriegszerstört, ist dort in den 1970er Jahren eine so genannte „Sanierung“ aus dem Ruder gelaufen.
Ein unglaublich verdienstvolles Buch von 1998 hat die politischen und sozialen Hintergründe dieser weitgehend sinnlosen Zerstörungen akribisch aufgearbeitet.
Westernhagen: Das „Pfefferminz-Experiment“ ist gescheitert
Manchmal müssten Künstler vor sich selbst geschützt werden: Marius Müller-Westenhagen demontiert mit einer manierierten Neuaufnahme sein bestes Album „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“.
Gorki, Kirche, Kleckersdorf: 1920er-Architektur in Tegel
Unser heutiger Sonntagsausflug führte uns nach Berlin-Tegel. Dort gab es eine Wohnsiedlung von Erwin Gutkind, die ich bislang noch nicht kannte, eine ganz allerliebst-niedliche Backsteinkirche und eine Kleinhaus-Siedlung, die seit Jahren im Streit zwischen alteingesessenen Mietern und einem gewerblichen Finanzinvestor steht.
The Sun Machine Is Coming Down: Das Berliner ICC war kurz wieder auf. Lasst es offen!
Als David Bowie seine Berliner Trilogie einspielte und in Schöneberg wohnte, war das ICC gerade in Bau. Ein Gesamtkunstwerk der Space-Age-Architektur, das es so wohl kaum auf der Welt noch einmal gibt. Die Berliner Festspiele haben den seit fast zehn Jahren leerstehenden Bau für eine Kunstaktion im Oktober 2021 wieder geöffnet: für elf Tage, und unter dem Motto eines Bowie-Zitats. Das Gebäude, das glücklicherweise einschließlich der Lichtregie und einiger Rolltreppen reaktiviert werden konnte, bietet eine faszinierende Zeitreise in die Siebziger. Fazit: Wer einen solch einmaligen Schatz wegwerfen will, ist von Geist und Güte komplett verlassen.
(Zu den Hintergründen der skandalösen ICC-Schließung habe ich 2013 hier geschrieben)
Vom Guten Hirten: Eine Kirche als Gefängnis!
So etwas habe ich noch nie gesehen: eine katholische Kirche mit vier sternförmig auf einen Zentralbau mit Altar („Sanktuarium“) ausgerichteten Langhäusern. Das Grundriss-Layout erinnert nicht zufällig an die übliche Bauweise von Gefängnissen im 19. Jahrhundert: Das Kloster vom Guten Hirten in Berlin-Marienfelde, errichtet 1904, diente dazu, „sittlich gefährdete“ Mädchen wegzusperren.
Essen: Kaufhaus-Abriss von 1976 soll durch Pseudo-Fassaden-Rekonstruktion geheilt werden
Die Großstadt Essen im Ruhrgebiet bietet ihren Besucher:innen beim Verlassen des Bahnhofs – trotz der Kriegszerstörungen – ein eindrucksvolles Panorama von Bauten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Hauptpost, Eickhaus, Handelshof, Haus der Technik. Eine peinliche Fehlstelle darin ist das 1976 errichtete Kaufhaus Horten (zuletzt Kaufhof). Das dafür abgerissene Defaka-Haus aus den dreißiger Jahren soll jetzt in etwa in seinem äußerlichen Erscheinungsbild rekonstruiert werden. Verrückte Welt: Defaka hätte niemals abgerissen werden dürfen. Jetzt wird offenbar ein Umbau geplant, der zumindest die graue Energie des Bestands nutzt (siehe Pressemeldung des Eigentümers).
Putbus: Klassizismus purifiziert!
Ein gründerzeitlichen Haus in Putbus auf Rügen in einem klassizistischen Umfeld verblüfft mit einem Vorher-Nachher-Vergleich…
„Papa, glaubst du an Gott?“
Irgendwann musste sie ja kommen, die Gretchenfrage: „Papa, glaubst du an Gott?“ fragte mich eine meiner Töchter im Alter von 14. Ich antwortete ihr mit einer Gegenfrage: „Kommt darauf an, wie du Gott definierst“. Wir haben das damals nicht vertieft. Und die etwas komplexere Antwort habe ich hier aufgeschrieben.
Der ganz normale Abriss-Wahnsinn – Brümmerstraße 48 in Berlin-Dahlem
Auf meinem täglichen Fahrradweg fiel mir ein Trümmerhaufen auf: Das Haus Brümmerstraße 48 in Berlin-Dahlem wurde abgerissen; das damit verbundene Haus Nr. 50 steht noch. Genutzt wurde das Doppelhaus-Ensemble bislang von der Freien Universität Berlin (FU). Zerstört die FU hier ihr historisches Erbe?
Der unbekannte Architekt Ludwig Spreitzer: Zwischen NS-Zeit und Wiederaufbau
Als ich Neujahr 1989 nach Westberlin kam, sagte man mir: Wir fangen alle in Neukölln an, aber wir wollen hier schnell weg – obwohl David Bowie „Neuköln“ (sic!) schon in den frühen Achtzigern besungen hatte. Heute ist Neukölln Hipster-Hochburg. Und ich habe das Haus Richardstraße 63, das damals meine erste Berliner Unterkunft wurde, jetzt wiederbesucht: ein denkmalgeschütztes 50er-Jahre-Gebäude in der Tradition der 20er Jahre. Doch wer war dessen Architekt Ludwig Spreitzer? Eine erste Recherche führt vor allem in die NS-Zeit.
Rätselhaft: Klassisch modernes Relief am Friedhof Teltow
Wir haben an der Mauer des Friedhofs am Weinbergsweg in Teltow ein beeindruckendes Beton-Relief vorgefunden, das uns ikonografisch beschäftigt hat.
Tragbare Musikbox? Test der Dockin D fine + 2
Für die einen ist es nur eine schwarze Kiste, für die anderen ist es die beste portable Bluetooth-Soundbox des Marktes in der Preisklasse unter 200 €. Wir haben die Box getestet – und waren zuerst etwas ernüchtert. Bis wir den passenden Maßstab angelegt haben.
Ludwigsfelde – auf den Spuren der Rüstungsindustrie der Nazis
Ludwigsfelde südlich von Berlin hat kein historisch gewachsenes Zentrum. Bedeutend wurde der Ort erst mit der Ansiedlung eines Betriebs der nationalsozialistischen Rüstungsindustrie. Wir haben bei einem Sonntagsausflug nach Spuren dieser Zeit im Stadtbild gesucht.

Relikt am Waldrand: Verlassenes Vorkriegs-Trafogebäude Garagengebäude im Industriepark Ludwigsfelde-Ost (Standort-Koordinaten: 52.3168628, 13.2634632)
BCH dreht auf – Vier Bücher des emeritierten Architektur-Redakteurs Wolfgang Bachmann
Willkommen auf der Medienseite! Zu berichten ist von einem langjährigen Architektur-Redakteur, der im Ruhestand literarisch aufdreht: Auf Veranlassung des Autors erreichten uns vier Bücher von Wolfgang Bachmann in vier Verlagen. Da geht es um Umbrüche in der Medienbranche, um die Identitätskrise eines alternden Feuilletonisten, um die fiktive Verbindung eines Bauträgers zum Rotlichtmilieu und schließlich um Beobachtungen unter freiem Himmel. Eine Vierfach-Rezension