Gar nicht hoch genug ist zu loben, dass es das Lokal „Alte Fischerhütte“ am Berliner Schlachtensee überhaupt in der heutigen Form gibt. Zuvor war hier ein heruntergekommenes Ausflugslokal mit schmierigen Kellnern, dann einige Jahre Leerstand, und heute ein bayrisch geprägter Biergarten mit großem Publikumszuspruch. Allein: Mit ein bisschen mehr gastronomischer Sorgfalt könnte man das Ding noch deutlich besser machen.
Gestern war es wieder soweit: Der erste richtig heiße Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, die Massen standen an der „Fihü“, wie sich die Alte Fischerhütte keck selbst nennt, in der Schlange. In der Doppelschlange sogar, denn die Direktion hatte ausnahmsweise an der Selbstbedienungsbude beide Eingänge geöffnet. Allein: Es ging nicht voran. Gefühlte 30 Minuten brauchte man, um endlich mit gefülltem Tablett die Bude wieder zu verlassen. Wer dabei nicht ganz genau auf seinen Tritt achtete, konnte sein mühsam erworbenes Getränk ganz schnell wieder loswerden: Da die grünen Plastiktabletts der Fihü nicht verwindungssteif sind, gleicht es einem mittleren Balanceakt, sagen wir, zwei gefüllte Weißbiergläser und zwei Teller Essen unfallfrei zu transportieren. Der kleinste Stolperer, die kleinste Erschütterung, und das Tablett biegt sich durch, das Bier verliert das Gleichgewicht und segelt klirrend auf den Kiesboden. Überall sind Gäste zu beobachten, die das selbe Problem haben. Es wäre kein großes Ding, die Tabletts mal gegen bessere auszutauschen.
Um mich nicht erneut anstellen zu müssen, bestellte ich mein Bier also gleich im Maßkrug. Der ist zwar auf der Preisliste nicht angeschrieben, Stammkunden wissen aber, dass er angeboten wird. Einen leicht vergünstigten Preis für das Litergebinde, wie anderswo in bayrischen Wirtschaften üblich, sucht man hier allerdings vergeblich. Ungerührt werden 2 x 0,5 Liter = 7,40 Euro an der Kasse gebongt. Meistens. Denn manchmal sitzt dort eine Aushilfe, die keine optische Peilung für Maßkrüge hat und nur ein Halbes abrechnet. Leider war der Maßkrug außen so richtig schön warm – er war offenbar gerade erst aus der Gastro-Spülmaschine entnommen worden. Nun wurde also mein teures Bier warm bei der Arbeit, den Krug zu kühlen.
Apropos Aushilfe: Natürlich muss ein Ausflugslokal mit saisonalen Schwankungen umgehen. Wenn es regnet, kommt keiner, und man braucht auch kein Personal. Und wenn es warm ist, macht das Personal in der Bude, erkennbar hauptsächlich Aushilfen, einen Knochenjob. Hier werden unter Akkordbedingungen Getränke gezapft und einfache Speisen wie Leberkäse oder Wurst zubereitet – bei einer Affenhitze. Aber ist es vom Gastronomen zuviel verlangt, seine Aushilfen wenigstens ansatzweise zu schulen? Der Bierzapfer hatte jedenfalls keine Ahnung von Bier. Auf die Frage, ob ein bayrisches Helles ausgeschenkt werde (was hier erfahrungsgemäß saisonal der Fall sein kann), antwortete er, das Weißbier sei hell. Das war aber nicht gefragt worden. Das eigentliche Problem, dass in einem auf bayrisch gemachten Lokal König-Pilsener aus Duisburg-Beeck ausgeschenkt wird, hatte er gar nicht durchdrungen. Dafür zapfte er eher etwas über den Eichstrich – ein klarer Pluspunkt gegenüber den einschlägigen Münchner Biergärten.