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Abbau Ost: Berghotel Falkenhorst im Erzgebirge

4 Kommentare

Zu berichten ist hier von einer Restitutionsimmobilie im Osten Deutschlands, bei der man alles richtig gemacht hat und die dennoch nach gerade mal vier Jahren Betrieb wieder aufgegeben werden musste.


Ende Dezember 2009. Wir fahren noch einmal an einen Ort, den wir in den letzten Jahren liebgewonnen haben. Auf den ersten Blick ist hier auch noch alles wie gewohnt: An den verschneiten Weggabelungen des – mit seinen düsteren Häusern unter dunklen Tannen immer etwas unheimlich wirkenden – Erzgebirgsdorfes Waldidylle finden sich nach wie vor die farbig gestalteten Hinweisschilder auf das „Berghotel Falkenhorst„. Spätexpressionistische Gemälde Dresdener Künstler aus den dreißiger Jahren zieren seit der Wiedereröffnung 2004 das Corporate Design dieses kleinen, feinen Hotels.
Die Auffahrt ist von Schnee geräumt, im Schaukasten hängt noch die Speisekarte. Allein: Die Vorhänge der Gaststube sind zugezogen, und das Hotel ist geschlossen. Für immer, sagen die Hamburger Eigentümer.

Rückblick: Im Herbst 2004 suchten wir eigentlich nur eine Unterkunft in einer halbwegs schneesicheren Region. Zum Rodeln. Über eine Internet-Recherche stießen wir auf ein soeben neu eröffnetes Hotel im Erzgebirge, das einen guten Eindruck machte: Sympathische Homepage, faire Preise – und ein verbindlicher, freundlicher Umgangston ohne Marketingfloskeln in der darauf folgenden Kommunikation. Vor allem aber: ein architektonisch interessanter Ort.
So wurden wir mit unserem ersten Aufenthalt Ende Dezember 2004 zu den ersten Stammgästen des Berghotels Falkenhorst in Waldidylle, einem Ortsteil von Altenberg im Erzgebirge. Knapp 40 Straßenkilometer hinter und 600 Höhenmeter über Dresden. Und tatsächlich schneesicher, jedenfalls bei allen unseren Besuchen.

Wir trafen ein markantes Haus an der höchsten Stelle des Ortes an, Baujahr 1938, architektonisch erkennbar seiner Entstehungszeit verpflichtet: Naturstein-Sockelgeschoss, Holzverkleidung in den Obergeschossen, spitzes Satteldach, im Inneren Kreissegmentbögen. Aber eben auch: eine helle, freundliche, schnörkellos-moderne Inneneinrichtung und Möblierung. Zwei „Damen von der Architekturfakultät der TU Dresden“, heißt es seitens des Betreibers, hätten den jüngsten Umbau geplant und die Inneneinrichtung betreut.

Das privatwirtschaftlich errichtete Hotel ist nach seiner Erbauung schnell zum Künstlertreffpunkt geworden. Zu DDR-Zeiten wurde es dann verstaatlicht und diente als Ferienheim. Nach der „Wende“ verfiel es. An die Hamburger Erben des Erbauers schließlich rücküberstattet, fühlten diese sich dem Ort verpflichtet und steckten viel Liebe (und Geld) in das Erbe. Nicht zuletzt schufen sie Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region. Gastronomisch wurde hier der richtige Kurs gewählt: die Küche ambitioniert, aber nicht überkandidelt, und das (über Jahre kaum fluktuierende) Personal von einer Herzlichkeit, die man nicht auf einer Hotelfachschule lernen kann.

Zwischen 2004 und 2008 waren wir hier fünf Mal „zwischen den Jahren“ für einige Tage zu Gast; es waren stets alle Zimmer ausgebucht und alle Tische in der Gaststube besetzt. Dass wir damit zu Zeugen einer saisonalen Auslastungsspitze geworden sind, war uns allerdings nicht klar. So kam das Anschreiben der Hamburger Eigentümer an alle Stammgäste Anfang 2009 völlig überraschend:

Trotz vieler positiver Rückmeldungen unserer Gäste haben wir es in fast 4 Jahren nicht geschafft, das Haus kostendeckend zu bewirtschaften. Der Hauptgrund liegt in der niedrigen Auslastung während der Woche. Schweren Herzens haben wir uns entschlossen, den Betrieb zum 22. Februar 2009 einzustellen.

Für den Falkenhorst wird jetzt nach einem anderen sinnvollen Nutzungskonzept gesucht. Über Anregungen und Vorschläge würden wir uns sehr freuen.

Eine Hotelnutzung, so die Eigentümer weiter, schlössen sie allerdings kategorisch aus. Doch irgend ein guter Geist in Waldidylle scheint die Hoffnung darauf nicht aufzugeben und hält das Haus in Schuss. Nirgends ist auch nur eine Spur von Vandalismus zu sehen. Man müsste einfach nur die Tür wieder aufschließen und weitermachen, erträumt sich der Gast. Er weiß: Dieser Wunsch wird unerfüllt bleiben.

Aber: Was wird denn nun aus dem Haus?

[Fotos: Benedikt Hotze, Dezember 2008]

Geschrieben von Benedikt Hotze

30. Dezember 2009 um 18:05

4 Kommentare zu “Abbau Ost: Berghotel Falkenhorst im Erzgebirge”

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  1. Jürgen Größ

    16. Feb 14 um 10:34

    Guten Tag Frau Pfannenschmidt-Cugier,ich habe von 1980bis nach der Wende in diesem wunderschönen Haus gearbeitet ich kannte auch Ihre Eltern sie wurden von uns mit Essen liebevoll versorgt.Es ist schade das es nicht weiter geht ich habe eine wundervolle schöne zeit im Falkenhost verbracht und denke sehr oft daran zurück.mfg.Jürgen Größ

  2. Peter-Jürgen Rudolph

    29. Jul 13 um 18:36

    Hallo,
    gerade bin ich dabei, ein weiteres Erlebnis meinen Memoiren hinzuzufügen. Mir war ein Bild aus dem Jahre 1957 in die Hände gefallen, auf dem ich mit einer gewissen Monika Baldauf zu sehen bin, die damals Kochlehrling im FDGB Ferienheim „Falkenhorst“ in Waldidylle war. Ich hatte mich, 15 Jahre jung, mit ihr sehr zum Leidwesen meiner Eltern angefreundet und sie wirklich lieb gehabt. Deshalb ist dieser Ort für mich ein Stück unvergessliche Erinnerung. Im Internet fand ich nun diesen Artikel, der mich durchaus ein wenig traurig stimmt. Leider liegt es nicht in meinem Vermögen, hier helfend eingreifen zu können, hoffe aber dennoch, dass dem Haus eine gute Zukunft beschert wird.
    Beste Grüße aus Magdeburg und alle guten Wünsche übermittelt
    Peter-Jürgen Rudolph

  3. Dr. Barbara Pfannenschmidt-Cugier

    6. Jan 10 um 13:42

    Lieber Herr Hotze, mein Sohn und ich sind ganz berühert von Ihrem Artikel über unseren Falkenhorst. Es tut gut, den bekannten Sachverhalt ohne Häme – wie sie leider noch immer im Ost-West-Verhältnis vorkommt – zu lesen.

    Wir haben uns zwischenzeitlich entschieden, ein Pächterpaar zu suchen. Wie in früheren Zeiten, da meine Eltern das Hotel betrieben, würde der Falkenhorst einem Fachpaar eine sichere Existenz bieten, wenn sie sich Küche und Service schwerpunktsmäßig teilten.

    Aufgrund unserer Suche per Inserat haben sich mehrere Bewerber gemeldet. Wir müssen – basierend auf unseren eigenen Erfahrungen – auf einer gewissen Bonität zur Anfangsüberbrückung bestehen , was meist auf Unverständnis stößt. Eine Insolvenz würde dem Falkenhorst schaden. Dass das Haus vom Pächterpaar ein wenig Niveau erwartet, muss ich Ihnen ohnedies nicht sagen.

    Zur Zeit betreut unser 2. Koch mit Ehefrau aus Waldidylle Haus und Grundstück umsichtig. Ein Sicherheitsdienst ist zur Betreuung eingeschaltet.

    Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass der Falkenhorst demnächst wieder lebt. Den aktuellen Bericht nehmen Sie bitte als Ausdruck unserer Dankbarkeit für Sie als Gast – und als Schreiber des Artikels. Ich habe diesen weitergeleitet an unsere Architektin, Prof. Katja Pahl, die jetzt in Bremen einen Lehrstuhl hat.

    Mit guten Wünschen für das angebrochene Jahr und freundlichen Grüßen aus Hamburg

    Barbara Pfannenschmidt

    • Kerstin Pollehn

      13. Okt 11 um 16:58

      Guten Tag liebe Frau Dr. Pfannenschmidt-Cugier,
      wir d.h. meine Mutter (Eveline Pollehn, vormals Hannig) und ich waren vor ein paar Jahren in Ihrem Berghotel Falkenhorst. Wir hatten eine wundervolle Zeit (weekend) dort verbracht, für meine Mutter eine glückliche Zeit. Sind Sie nicht als Zahnärztin nach Hamburg gegangen und ihre Eltern haben das Hotel geleitet? Jedenfalls zeigte mir meine Mutter die schöne Gegend, ihr Hotel und auch das Privathaus, wo sie einst mit ihren Eltern (Charlotte und Ernst Hannig, Dresden) dort ihren Urlaub verbrachteten. Vielleicht erinnern Sie sich noch, falls Sie meine Mutter kannten? Wir drücken Ihnen weiterhin die Daumen, dass das Hotel bestehen bleibt.
      Viele liebe Grüsse aus Bad Bellingen/ Schwarzwald Eveline Pollehn und aus Basel/CH, Kerstin Pollehn

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