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Adenauer und die Nazi-Architektur – eine Bildbetrachtung

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In der ARD-Historien-Doku „Konrad Adenauer – Stunden der Entscheidung“ (ja, der Titel ist so dräuend dämlich) sind heute gedrehte Filmaufnahmen aus Adenauers Rhöndorfer Villa zu sehen. Ein Foto veranlasst uns zu einer kleinen Bildbetrachtung zur Nazi-Architektur.

Bildschirmfoto: ARD

Kurz vor Weihnachten 1937 zog die Familie Adenauer am Zennigsweg  8c (heute Konrad-Adenauer-Straße) in Rhöndorf ein. Das Haus war von Konrad Adenauer als Bauherr neu gebaut worden. Das auf einem zuvor als Weinberg genutzten Grundstück am äußeren Westhang des Siebengebirges gelegene Gebäude mit einem teilweise asymmetrischen Walmdach nach Plänen von Adenauers Schwager Ernst Zinsser ist ein typisches Beispiel für die zwischen Moderne und Tradition unentschlossen changierende Villenarchitektur der Nazizeit.

Im Screenshot aus dem ARD-Film sehen wir links einen Torbogen mit einem leichten Stich. Kreissegmentbögen über Türen und Fenstern sind ein beliebtes Motiv der heimattümelnden Blut-und-Boden-Architektur, allerdings mitnichten Erfindungen der Nazis. Die krass tümelnde schmiedeeiserne Leuchte über dem Torbogen ist wohl ein Von-der-Stange-Produkt aus der Erbauungszeit – damals wie heute so gruselig wie eine Grableuchte.

Modern wirkt hingegen die gesamte grafische Disposition des Bildes. Das liegt daran, dass auch Mauern und Treppen – also nicht unbedingt Raum umhüllende Bauteile – Bestandteil dieser Architekturkomposition sind. Innen und Außen gehen fließend ineinander über – eine zentrale Idee der Moderne. Anders gesagt: Nicht nur das eigentliche Haus bildet hier die Architektur. So folgt der Handlauf der abgebildeten Außentreppe als klassisches Dampfermotiv der Funktion und sorgt für einen grafischen Kontrapunkt zur Blut- und Boden-Szenerie – wie auch der Wechsel zwischen schrägem und horizontalem oberen Mauerabschluss.

Geschrieben von Benedikt Hotze

5. August 2012 um 23:50

Abgelegt in Architektur

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