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Winzerwein gegen Discounter: Chardonnay vs. Chardonnay

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Was ist besser? Wein vom Winzer oder Billigwein aus dem Supermarkt? Diese scheinbar eindeutig zugunsten der Winzerweine zu beantwortende Frage beantworten Millionen Weintrinker stillschweigend anders: Sie kaufen im Supermarkt und vor allem beim Discounter. Eine medial lautstarke Minderheit dagegen schwört auf Erzeugerabfüllungen und spricht den Discounterweinen jegliche Existenzberechtigung ab. Wir haben unrepräsentativ, aber ganz konkret zwei Weine verglichen – mit überraschendem Ergebnis.

Der Berliner Journalist und Restaurantkritiker Bernd Matthies hat den Weinführer „Super Schoppen Shopper“ recht wohlwollend rezensiert. Darin geht es um das Weinangebot aus dem Supermarkt und dem Disounter. Obwohl Matthies einige preiswerte, gute Weine in dem Buch gefunden hatte, lautete sein Fazit:

 Ich werde meinen Bedarf aber doch auch in Zukunft bei anderen Händlern decken. . .

Matthies kauft also ohne Not teurer ein, als es sein müsste. Das sei ihm unbenommen. Andere Weinfreunde haben diese Wahl nicht: Ihr Geldbeutel erlaubt eine solch verschwenderische Generosität nicht.

Um den alten Streitpunkt zwischen Winzer- und Discounterwein mal konkret anzugehen, habe ich heute zwei Weine des günstigen Preissegments gegenverkostet – einen vom Discounter und einen vom Winzer:

• Chevalier de Fauvert – Chardonnay Pays d’Oc 2011 – Indication Géographique Protegée – Abgefüllt von D-NW 170002 – 13% Vol. Gekauft bei Lidl, 1,79 Euro/0,75 l

• Domaine du Bien Aimé – Chardonnay Pays d’Oc 2011 – Indication Géographique Protegée – Abgefüllt auf dem Weingut von Laudun Chusclan Vignerons – 14% Vol. Gekauft bei Klemkes Wein- und Spezialitäteneck, Berlin, Mommsenstr., 3,99 Euro/1,0 l (Sonderpreis)

Um das Wein-Chinesisch der Etiketten aufzulösen: „Chardonnay“ ist in beiden Fällen die (hier alleinige) Traubensorte. „Chevalier de Fauvert“ ist ein Phantasiename, mit dem Lidl diesen Weine etikettiert; abgefüllt wird er irgendwo in NRW. „Domaine du Bien Aimé“ ist hingegen der Name des Weinguts, das diesen Wein herstellt und auch selbst abfüllt. Es ist also eine Erzeugerabfüllung (was in der Weinwelt stets als wertvoller gilt). Beide Weine tragen die relativ neue Kategorie „Indication Géographique Protegée“, was die Franzosen im Zuge einer EU-Harmonisierung von den Italienern mit ihrer „Indicazione Geografica Tipica (IGT)“ übernommen haben. Es handelt sich dabei um eine Klassifizierung zwischen Tafelwein und Qualitätswein. Beide Weine stammen aus dem Languedoc in Südwest-Frankreich.

Wie schmecken die Weine denn nun? Beides sind trockene, kräftige und alkoholreiche Weißweine. Der Chusclan hat eine Nase, in der ich feuchtes Heu orte, er schmeckt jedoch recht verhalten. Ich meine bereits beim aktuellen Jahrgang 2011 eine leicht muffige Note von Altersfirnis herauszuschmecken (Kork kann es nicht sein, weil der Wein sinnvollerweise mit einem Schraubverschluss kommt). Trotz der enormen 14% Alkohol finde ich den Wein im Vergleich zu dem Lidl-Chardonnay etwas dünner und flacher. Dieser erscheint mir dagegen frischer und auch im Geschmack spürbar konzentrierter.

Fazit: Das Massenprodukt aus dem Discounter schlägt den Winzerwein – geschmacklich wie preislich. Letzterer ist trotz Sonderpreis und Literflasche unter dem Strich teurer als der Preisbrecher von Lidl – und dennoch schwächer. Ich gebe aber gern zu, dass dieser Chardonnay von Lidl ein Produkt von ungewöhnlich gutem Preis-Leistungs-Verhältnis ist, wie es sicher nicht durchgängig für das Discounter-Sortiment anzusetzen ist.

 

 

 

Geschrieben von Benedikt Hotze

1. November 2012 um 01:23

1 Kommentar zu “Winzerwein gegen Discounter: Chardonnay vs. Chardonnay”

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  1. Wolfgang

    9. Dez 12 um 22:49

    Interessant ist die Wasgau-Supermarkt-Kette in der Pfalz. Sie gehört dem Baumarkt-Unternehmer Hornbach. Dort gibt es nicht nur das übliche internationale Angebot plus die Nobel-Güter von der Weinstraße, sondern ausgesuchte Winzer aus der Umgebung des jeweiligen Supermarkts. Hornbach versteht das als Dankeschön, weil die Weinbauern ihre Höfe und Häuser mit seinem Baumaterial gebaut oder saniert haben. Die Weine liegen in ähnlicher Preislage wie beim Weingut. Manchmal wird ein ganzer Jahrgang aufgekauft, wenn er in einer Weinzeitschrift gut abgeschnitten hat. Gerade trinken wir einen trockenen Riesling Kabinett von Emil Bauer aus Nussdorf, eine Wasgau-Entdeckung, große Klasse! Gruß ***W

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