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Kantgaragen Berlin: Ein Denkmal der Verkehrsgeschichte wird preisgegeben

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Es ist die älteste eine der ältesten erhaltenen Hochgaragen in Deutschland, erbaut in den Roaring Twenties. Ihr Architekt Einer ihrer Architekten war Gropius-Assistent am historischen Bauhaus. Das Gebäude an der Kantsraße in Berlin-Charlottenburg ist mit Dauerstellplätzen voll vermietet und steht unter Denkmalschutz. Doch das nützt alles nichts: Der Kant-Garagenpalast von Richard Paulick, Hermann Zweigenthal und anderen soll nach dem Willen seines Besitzers abgerissen werden. Die architektonischen Qualitäten, vor allem im Inneren, sind immer noch enorm: Die Rampenanlage ist großes Kino, und hier ist  jede Schraube, jedes Tor original erhalten.

Baunetzwoche#239 „Parkhäuser: Rennstrecke, Labyrinth und Wenderampe“Das neue Magazin „Flaneur“ hatte einen gut recherchierten Artikel zur Kantgarage veröffentlicht. Ein Tagesspiegel-Autor hat dieses Material als Steinbruch herangezogen und in einem Artikel zusammengefasst. Seitdem wird in Berlin über den Erhalt der Parkgarage gestritten.

Wie es heißt, versucht das Landesdenkmalamt zur Zeit einen letzten rettenden Strohhalm zu finden: zum Beispiel einen Professor, der von Streusalz zerfressene Bewehrungseisen retten kann. Solche Dinge halt. Denn angeblich ist der Stahlbeton-Skelettbau von 1929 durch Salz stark geschädigt. Solch eine Behauptung klingt erst einmal nach Gefälligkeitsgutachten. Doch die zuständige Denkmalpflegerin der Unteren Denkmalschutzbehörde wehrt auf Nachfrage entnervt ab: „Das ist wirklich ein ganz schlimmes technisches Problem!“, sagt sie. Eigentlich hat sie sowieso keine „Sprecherlaubnis“ – so heißt das in der Verwaltungs-Bürokratie, wenn jemand nichts zu seinen beruflichen Erkenntnissen  öffentlich mitteilen darf.

Als Journalisten haben wir hingegen „Sprecherlaubnis“. Ich zeige hier ein paar unkorrigierte Schnappschüsse, die ich im September 2011 für die Baunetzwoche#239 (PDF hier) gemacht habe. Da wird schnell klar, dass das kein „normales Parkhaus“ ist, sondern Architektur-Kunst.

Nachtrag: Am 12. Oktober 2013 wurde berichtet, dass der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD) angekündigt hat, den Abrissantrag des Eigentümers ablehnen zu wollen.

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Geschrieben von Benedikt Hotze

4. August 2013 um 02:07

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14 Kommentare zu “Kantgaragen Berlin: Ein Denkmal der Verkehrsgeschichte wird preisgegeben”

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  1. Martin Mahadevan

    10. Jan 16 um 11:54

    Was tut sich bei den Kantgaragen? Weiterhin nichts! Eigentuümer und Immo-Milliardär Pepper lässt einen Gesprächstermin nach dem anderen platzen um in Ruhe die Zeit an der Bausubstanz der Kantgaragen nagen zu lassen. „Eigentum verpflichtet“ (steht doch nur im GG)? Nicht in Berlin, wo die Schwesterparteien SPD&CDU ausgiebig das Phlegma und die Lethargie des alten Subventions- unnd Steuerabschreibungsparadies (mit dem Pepper Milliardär wurde)West-Berlin weiterpflegen. Die Behörden kommen offentsichtlich erst gar nicht auf die Idee, Pepper mal gehörig auf die Füße zu treten. Das erlaubt man sich nur bei Durchschnittsbürgern. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Gemütsruhe und Gleichgültigkeit die Berliner die Unfähigkeit der Regierenden ertragen.

  2. Martin Mahadevan

    25. Okt 15 um 12:48

    Überraschung! Nichts über die Kantgaragen, sondern Neues aus der hippen Mitte.Ja, auch wenn es keiner in dieser tollen Stadt der Feiertouristen und miesepetrigen Gassi-Geher interessieren mag, dort wird gerade die Friedrich Werdersche Kirche auf die sanfte Art entsorgt. Nach Abriss, Brand etc. jetzt eine neue Variante der Freunde der Bauwirtschaft der herrschenden Parteien: Man baut Luxuswohntürme auf beiden Seite auf Kante und die Kirche fällt irgendwann von selbst zusammen. Da klopfen sich die Stadtplanungsschlaumeier mit dem richtigen Parteibuch auf die Schenkel: Schinkel wird bald zu Geröll! Und für CDUSPD sind eigentlich alle Baudenkmäler Geröll, dass den Investoren im Weg steht. Außerdem entsteht dort schließlich Wohnraum für die breite Masse, so ab 5000 bis 10.000 Euro pro qm. Da schlägt so ein SPD-Vorzeigeproletarier sofort zu!
    Und am Kupfergraben spielt sich ähnliches ab. Siemens darf einen Barockgarten zubetonieren und auch die zunächst nicht genehmigte Tiefgarage bauen. Richtig so! Wo kämen wir denn hin, wenn Siemens-Manager und Lobbyisten gemeinsam mit dem „Pack“ den ÖPNV benutzen müssten! Übrigens alles schon Durchgewunken vom genialen Flughafen-Erbauer Wowereit, der gleich den Einspruch des Denkmalschutzes abgeknipst hat. So läuft das im Reich der Machthaber. Wowi weiß, welche Hand ihn füttert. Weiter so!

  3. Martin Mahadevan

    15. Mai 15 um 11:49

    Was tut sich bei den kantgaragen? Gar nichts. Bei steigenden Temperaturen öffnen manche Mieter dort die Fenster ihrer „Verschläge“ und man sieht gruseliges Gerümpel etc. Leute sollen doch ja auch übernachten, mit stiller Billigung des Immo-Milliardärs Pepper, der ein Gebäude europäischen Rangs weiterhin mit voller Absicht verrottenn lässt. Neulich war der angeblich medienscheue Pepper tagelang in den Medien, um sich mit den angeblich überirdischen Verdiensten“ seiner Familie um Berlin anlässlich des 50. Geburtstatgs des Eurpa-Centers zu brüsten. Alles aus purem Idelaismus und alles für Berlin! Ja geht’s noch lächerlicher?
    Aber der hat halt jede Menge Kohle und deshalb dackeln die Politiker de herrschenden Parteienkartells um ihn herum.
    Jetzt hat es ja in einer denkmalgeschützten alten Flugzeughalle in Karlshorst gebrannt. Passanten sahen angeblich zwei Männer mit Bierflasche weglaufen. Sowas kann man sich in Berlin wahrscheinlich an jeder Straßenecke anheuern. Dort gibt es natürlich auch einen feinen „Investor“, der das Denkmal gerne entsorgen möchte. Und auch die Kantgaragen sind mit Gerümpel vollgestopft. Ein Schelm, der dabei Böses denkt.

  4. Dr. Michael Streetz

    3. Sep 13 um 14:37

    Lieber Herr Hotze,
    ein hervorragender Ansprechpartner in Bezug auf denkmalgerechte Betonsanierung ist Dipl.-Ing. Stefan Weise in Weimar (weise@ibw-weimar.de) Herr Weise war früher Mitarbeiter des IDK, Institut für Diagnostik und Konservierung, Dresden – Halle/Saale, das eng mit den dort ansässigen Landesämtern für Denkmalpflege verbunden ist. Er hat u. a. die Sanierung des Leipziger Völkerschlachtdenkmals – im Kern ein Betonbau – wissenschaftlich begleitet.
    Herzliche Grüße
    Michael Streetz
    Referent für Technische Denkmale, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen

  5. Martin Mahadevan

    26. Aug 13 um 18:33

    Jetzt hat selbst die International Herold Tribune ausführlich über den Skandal des geplanten Abrisses der Kantgaragen berichtet. Einer der peinlichsten Figuren in dieser Sache ist wohl der Charlottenburger Baustadtrat Schukz (SPD), der das von den Eigentümern in Auftrag gegebene „Gutachten“, dass die Baufälligkeit der Kantgaragen feststellt, mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nahm:“Tja, da kann man wohl nichts mehr machen.“ Darf man mal die Urteils- und Kritikfähigkeit dieses Mannes mit einem großen Fragezeichen versehen? Der bestens bezahlte „Gutachter“ wusste doch genau, was die Peppers lesen wollten, und so fiel auch das „Gutachten“ aus. Derselbe Typ würde genau das Gegenteil schreiben, wenn er wüsste, dass das sein Auftraggeber erwartet.

  6. Stefan Weber

    22. Aug 13 um 18:20

    Hallo zusammen,

    ich frage mich, warum es überhaupt noch Denkmalschutzgesetze gibt, wenn im Ernstfall doch immer die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit Vorrang bei der Beurteilung soll. Man wird das Gefühl nicht los, dass einige „Vollstrecker“ aus der Politik überhaupt kein Gespür für ihren eigenen Kiez und die Stadt haben. Solange aus Stadtmarketing-Gründen das Brandenburger Tor noch steht, ist ja alles in Butter. Das sind dieselben Leute, die sich – political correct – über die Zerstörung der Buddha-Statuen von Bamiyan durch die Taliban aufregen. Das klingt polemisch und ist doch überhaupt nicht vergleichbar – sei’s drum. Außerdem, wenn die Kahlschlagsanierung der 70er Jahre heutzutage durch eine neue subtile Ausdünnung ersetzt wird, ist beides ebenso unverzeihlich, wie das zuvor genannte Beispiel. Aber es ist doch nur eine dreckige alte Tankstelle, höre ich diese Experten rufen. Ganz genau. Aber ein Gebäude, dass mehr Sexappeal in seiner vollgeschmierten Fassade hat als sämtliche Stahl-Glas-Klone Berlins zusammen und für die bestimmte Ignoranten jetzt den Weg freimachen.

    Mit besten Grüßen

    S. Weber

  7. Martin Mahadevan

    13. Aug 13 um 21:19

    Wieso wird hier nicht der Eigentümer in die Pflicht genommen, die schwerreiche Immobilienfamilie Pepper, die absichtlich ein wertvolles Denkmal seit Jahrzehnten haben verfallen lassen, um es endlich abreißen und Renditemaximierung betreiben zu können? Aber Reiche dürfen in dieser Bananenrepublik halt alles.Umd die verbeamteten Schnarchnasen auf Lebenszeit mit Pensionsanspruch vom Denkmalschutz schauen ebenfalss jahrzehntelang tatenlos zu, wie das Denkmal zerbröselt. Jetzt nicken sie auf Geheiß von oben den Abriss ab. Die Peppers sind sicher bestens vernetzt und pflegen die politische Landschaft mit ihren Millionen. Dann klappt das auch.

  8. Thomas Katzke

    5. Aug 13 um 11:58

    Lieber Herr Hotze,
    Die Kantgaragen sind unbestritten eine Ikone der Moderne der 1920er Jahre in Berlin, welches gläserne Gebäude sonst aus dieser Zeit in Berlin hat noch seine bauzeitliche Fassadenstruktur? Jedoch – Paulick gehören nicht die Lorbeeren! Er war nicht „der Architekt“ der Garage, sondern im positiven Sinne nur das fünfte Rad am Wagen. Wesentlich für das Projekt war der Willen des Projektentwicklers und Bauherrn Serlin sowie der heute leider in Vergessenheit geratene Zweigenthal (Herrey) als ihr „Gestalter“. Ich erlaube mir hierzu den Verweis auf die Bauwelt 17/2004.
    Beste Grüße
    Th. Katzke

  9. rene hartmann

    5. Aug 13 um 10:32

    Zum Schadensbild durch Tausalz würde ich dem Eigentümer empfehlen einfach mal Edwin Bayers „Parkhäuser aber richtig“ (1993 hrsg. vom Bundesverband der Deutschen Zementindustrie) zu konsultieren. „Lochfraßkorrosion infolge Chloridtransports an die Bewehrung durch eindringende Tausalzlösungen“ (ab S. 99) kann man durchaus reparieren. Bei der Sanierung des Parkhaus Hauptwache (Frankfurt M.), ein Baudenkmal von 1956 [!], wurde das erfolgreich praktiziert.

    • Martin Mahadevan

      13. Aug 13 um 21:30

      Das interessiert den Eigentümer doch gar nicht. Der will das Gebäude um jeden Preis plattmachen, wie er es auch mit voller Abicht hat verkommen lassen. Wenn das Gebäude einem kleinen Tankstellenpächtergehören würde, hätten die Behörden vielleicht Druck ausgeübt. Aber bei vielleicht sogar milliardenschweren Immo-Spekulanten geht man sofort andächtig in die Knie.

  10. Chris

    4. Aug 13 um 21:21

    Noch ein Gebäude das schon länger auf meiner Liste zu fotografierender Häuser steht. Kann man da einfach so reingehen und ein wenig rumknipsen? Oder kommt dann jemand, der das nicht möchte?

    • Benedikt Hotze

      4. Aug 13 um 21:56

      Hi Chris,

      das ist mehr oder weniger frei zugänglich. Unten ist eine Tankstelle und eine Reparaturwerkstatt. Ich bin beim letzten Mal (2011) ungehindert da durchmarschiert. Die Doppelrampenanlage ist jedenfalls nicht verschlossen und wohl auch nicht verschließbar. Man kann das Gebäude auch hinten (zur Stadtbahntrasse hin) wieder verlassen. Die dortige Rückfassade zur S-Bahn ist verrottet, aber schön gestaltet.

      • Chris

        4. Aug 13 um 22:42

        Ursprünglich ist mir mal die Rückseite aus der Stadtbahn aufgefallen, ich habe dann im Stadtplan nachgeschaut, was das für ien Gebäude ist. Seitdem reizt es mich. Es scheint, es sollte auf meiner fotografischen Prioritätenliste deutlich nach oben rücken :-).

  11. rene hartmann

    4. Aug 13 um 13:15

    Hallo Benedikt Hotze,

    das sind hervorragende Fotos. Wunderbar! Man sieht wie schön der Bau ist. – Ein kleiner Fehler hat sich in deinen Text eingeschlichen: die Kant-Garage ist nicht die älteste erhaltene Hochgarage in Deutschland (es gibt noch ein, zwei handvoll von 1907-1928), sie ist aber die älteste (und einzige) Hochgarage mit doppelgängiger Wendelrampe in Deutschland (und Europa).

    Herzliche Grüße

    rene hartmann
    (Kunst- und Technikhistoriker)

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