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Wuwa-Wuwa, K70 und Granada: Die Familienautos meiner Kindheit

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Als Drittklässler konnte ich 1973 auf dem Schulhof jedes vorbeifahrende Auto sofort benennen – und dazu sagen, ob diese Modellvariante gegenwärtig noch gebaut wird. Damals war ich neun. Meine Klassenkameraden waren darüber verblüfft, dabei war es doch ganz einfach: Es gab ja nicht sehr viele verschiedene Autotypen.

Opel Rekord P2. Foto: Hubert Berberich/public domain

Opel Rekord P2, hier als Coupé. Deutlich sichtbar der Tank-Einfüllstutzen. Foto: Hubert Berberich

Unser erstes Auto war Mitte der sechziger Jahre ein Opel Rekord P2 – den hatten wir uns allerdings nicht selbst ausgesucht, sondern von meinen Großeltern übernommen. Auffällig an diesem Wagen war der Tank-Einfüllstutzen in der Heckpartie mit einem Schraubverschluss. Dieses Ding nannte ich als kleines Kind „Wuwa-Wuwa“, wohl wegen des Geräusches, das beim Auf- und Zuschrauben entstand. Die Polster waren aus bordeauxrotem Kunststoff mit silbernen Absteppungen. Très chic!  Mein Großvater hat sich übrigens nach dem P2 einen roten Renault R16 gekauft – eine geradezu avantgardistische Entscheidung für eine der ersten Schrägheck-Limousinen mit Heckklappe.

Renault 16. Foto: autobilderweb.com

Renault R16. Foto: autobilderweb.com

Mein Vater hingegen entschied sich beim ersten selbst gewählten Auto im Jahr 1968 für einen sportlich-kompakten Italiener: den Fiat 124. Noch nicht ahnen konnte man, dass dieses Auto in Lizenz als Lada und Polski-Fiat wenig später das Straßenbild des Ostblocks prägen würde. Glück hatten wir mit dem Fiat nicht: Ständige technische Probleme und schließlich ein kapitaler Motorbrand trübten die Freude an dem Turiner. Immerhin war der röhrende Auspuffsound so charakteristisch, dass ich als Kind dieses Auto schon in zwei Straßen Entfernung ankommen hören konnte.

Fota 124. Foto: netcarshow.com

Fiat 124. Foto: netcarshow.com

1971 wurde ein VW K70 angeschafft – natürlich in der „vernünftigen“ kleinen Motorvariante mit 75 statt 90 PS. Die Wahl fiel auf den ursprünglich von NSU entwickelten, für VW technisch damals völlig untypischen Wagen wegen seines großen Kofferraums – sagenhafte 700 Liter sollen es gewesen sein, mehr als beim „großen“ Mercedes. Das (unerwartete) Problem des K70 war dann sein enormer Verbrauch, der locker 15 bis 17 Liter betrug.

VW K70. Foto: VW-Prospekt von 1971 via motorkultur.com

VW K70. Foto: VW-Prospekt von 1971 via motorkultur.com

Dann kam 1976 der rote Granada mit Vinyldach. Eigentlich mochten wir die barock-wuchtigen Consul- und Granada-Modelle nicht, mit denen Ford die „Linie der Vernunft“ aus den sechziger Jahren verlassen hatte. Aber Bob Lutz, der damals neu als Ford-Deutschland-Chef in Köln übernahm, leitete bei einem Facelift Korrekturen mit dem Ziel der Versachlichung ein. Plötzlich sprach einiges für Granada statt Rekord & Co.: der laufruhige Sechszylindermotor schon bei 2 Liter Hubraum und die Einzelradaufhängung hinten statt Starrachse. Ja, solche Themen waren in unserer Familie kaufentscheidend. Bei der ersten Autobahnfahrt fanden wir die Motorlautstärke ganz ok, aber nicht wirklich leise. Kein Wunder: Wir sind im 3. Gang gefahren.

Ford Granada Mk 1, hier mit dem Kühlergrill der Ghia-Version. Foto: RobertG, CC-BY-SA 3.0

Ford Granada Mk 1, hier mit dem Kühlergrill der Ghia-Version. Foto: RobertG, CC-BY-SA 3.0

1981 endet diese Betrachtung: Es gab einen Audi 100 C2 in monacoblau. Eine gerade gezeichnete Karosserie und ein 1,9-Liter-Fünfzylindermotor mit 100 PS. „Diesen Motor hat er gebraucht“, zitierte mein Vater gern aus der Autozeitschrift „mot“, die damals bei uns gelesen wurde. Der Wagen hatte ein „4+E“ (für Energiesparen) benanntes Fünfganggetriebe und war sicher das beste Auto, das wir bis dahin gefahren hatten – und das erste, das ich selbst fahren durfte. Kaufpreis: 20.000 DM. Für 10.000 Euro bekommt man heute allenfalls einen rumänischen Kleinwagen.

Audi 100 C2. Foto: a2goos.com

Audi 100 C2. Foto: a2goos.com

Geschrieben von Benedikt Hotze

6. Juli 2014 um 21:20

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