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Buchrezension: Berlin unter Strom setzen (Elektropolis Berlin)

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Seit Jahrzehnten bin ich ein großer Fan von praktischen Architekturführern. Heute empfehle ich einen, der sich mit satten 1,9 kg Gesamtgewicht nicht zum Mitnehmen eignet – dafür aber mit einem günstigen Preis als ein perfektes Last-Minute-Weihnachtsgeschenk empfiehlt

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Die deutsche Hauptstadt Berlin war an der Schwelle des 19. zum 20. Jahrhunderts als führende Industriemetropole auch die Hauptstadt der Elektrifizierung (man sprach damals von „Elektrisierung“). Die Bauten der ersten Welle der Elektrifizierung sind in keiner Stadt der Welt in dieser Dichte und in diesem Reichtum heute noch so erhalten wie in Berlin. Eine Architektur-Avantgarde traf auf eine Technik-Avantgarde – und brachte die hinreißend modern-expressionistischen Umspannwerke eines Hans Heinrich Müller ebenso hervor wie die Gleichrichterwerke und S-Bahn-Stationen eines Richard Brademann oder die Siemens-Bauten eines Hans Hertlein.

All das ist aus der Baugeschichte bekannt – neu ist, dass sich all diese Bauten in einem opulenten 550-Seiten-Führer versammeln. Hervorgegangen sind die Texte aus einem Projekt eines postgraduierten Denkmalpflege-Studiengangs der TU Berlin unter Leitung von Thorsten Dame. Der Landeskonservator Jörg Haspel als Herausgeber spricht von einem „Themeninventar“, von einer „Übersicht über das, was dazu beitrug, Berlin unter Strom zu setzen“.

430 Standorte listet dieser Führer, davon auch einige im brandenburgischen Umland. Das Layout von Ben Buschfeld verdient eine eigene lobende Erwähnung – ebenfalls der dezente Duotone-Druck, der die Schwarzweiß-Bilder plastisch hervorhebt. Für diese edle Ausstattung ist der Preis von 30 Euro ausgesprochen moderat: ein gefundenes Weihnachtsgeschenk für Kurzentschlossene.

PS: Bei der heutigen Buchvorstellung war ich der einzige anwesende Journalist – peinlich auch für mich, weil ich mehrfach vom Podium aus darauf angesprochen wurde. Der Grund: Das Landesdenkmalamt darf keine eigenen Presseaussendungen vornehmen – es hat keine „Sprecherlaubnis“, wie es in der absurden Behördenlogik heißt. „Sprechen“ darf nur die Pressestelle der übergeordneten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – und die hat natürlich keine Ahnung von speziellen Architektur- und Denkmalpflege-Themen. Somit darf das Landesdenkmalamt keinen eigenen Verteiler mit Architekturjournalisten gezielt anschreiben. Chance verpufft – schade.

www.imhof-verlag.de

S. 354_700_S-Bahnhof Schöneberg_um 1935_Landesdenkmalamt Berlin

S-Bahnhof Schöneberg, Foto um 1935

S. 234_700_Kraftwerk Klingenberg_1927_Vattenfall Europe Unternehmensarchiv Berlin

Kraftwerk Klingenberg, Foto: 1927

Geschrieben von Benedikt Hotze

17. Dezember 2014 um 23:48

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