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Wie bei der Mafia

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Heute steht in der Zeitung, dass „die Entsorgung alter Atomreaktoren und Kernforschungsanlagen den Bundeshaushalt in den nächsten Jahren weiter mit Millardenbeträgen belastet“. Wir hatten nichts anderes erwartet, und wir vermuten überdies, dass hierbei die Kosten der seit Jahrzehnten völlig ungeklärten Endlagerei des Atommülls noch nicht berücksichtigt sind.

Was einem dabei wieder hochkommt ist ein Kommentar des unfasslich naiv-wirtschaftsliberalen Wirtschaftsredakteurs der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung F.A.S., Rainer Hank, vom 18. Juli 2010 (‚Wie bei der Mafia“).

Darin vergießt Hank Krokodilstränen darüber, dass die Atomindustrie nun in Form einer Brennelementesteuer belastet werden soll. Hank sieht darin mafiöse Methoden des Staates („Schutzgelderpressung“) und setzt die Atomindustrie mit anderen Branchen wie dem Lebensmitteldiscount oder der Schraubenindustrie gleich, die ja schließlich auch nicht mit besonderen Abgaben belegt würden. Hanks Argumentation funktioniert aber nur durch eine Prämisse, die Hank freihändig selbst setzt: Nach dieser Prämisse ist die Atomindustrie eine Wirtschaftsbranche, die frei schwebend existiert und allein nach betriebswirtschaftlichen Regeln agiert.

Hank übersieht, dass die Atomindustrie seit Anbeginn ihrer Existenz von Staats wegen gewollt, durch den Staat eingerichtet und staatlich subventioniert wurde. Diese Industrie privatisiert seit jeher ihre Gewinne und sozialisiert (also verstaatlicht) ihre Risiken. Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dann ist es die erwähnte Zeitungsmeldung zu den Entsorgungskosten alter Atomreaktoren, die eben nicht von der Atomindustrie, sondern vom Staat übernommen werden.

Somit ist die Atomindustrie eben nicht eine „freie“ Branche, in die der Staat nicht regulierend eingreifen dürfte. Sie ist vielmehr ein Konstrukt, das man einst in den fünfziger Jahren für energiepolitisch notwendig gehalten hatte und das seitdem (in der Summe der Kosten) nur durch staatliche Subvention existenzfähig ist. Wenn der Staat nun aus guten Gründen meint, diesem Konstrukt eine leichte Mehrbelastung zumuten zu wollen, soll er das herzlich gerne dürfen. Das sollte auch ein neoliberaler Hardliner wie Rainer Hank begreifen. Immerhin bringt er ja die geistigen Voraussetzungen für Erkenntnis mit: Ich habe ihn vor 25 Jahren in seiner damaligen Funktion als Referent bei der katholischen Begabtenförderung „Cusanuswerk“ kennen- und durchaus schätzen gelernt. Damals umgab er sich allerdings eher mit einem modischen rotgrünen Habitus. The times, they are a changing.

Geschrieben von Benedikt Hotze

27. Juli 2010 um 10:45

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