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Deutschlands formschönster Kreisverkehr: So wird das nichts mit dem autonomen Fahren

1 Kommentar

Die Autoindustrie verfolgt mit missionarischem Impetus das Ziel des selbstfahrenden Autos. Zwei prinzipielle Hindernisse werden dabei ausgeblendet: die Haftungsfrage und die Grenzen der Künstlichen Intelligenz.

Deutschlands formschönster Kreisverkehr auf Rügen: Kann Künstliche Intelligenz diese Situation analysieren?

Eine Meldung von vielen heute: Weiterer Tesla mit aktiviertem „Autopilot“ in tödlichen Unfall verwickelt. Versagt hat hier „nur“ ein Fahrassistenzsystem, wie es zunehmend in Serienautos verbaut wird; der Tesla-Fahrer hätte also garnicht den Blick von der Straße wenden dürfen. Aber das erklärte Ziel der Branche ist ja das „autonome Fahren“ mit Level 5, also der komplett fahrerlose Betrieb.

Doch dazu wird es im öffentlichen Straßenverkehr in demokratischen Rechtsstaaten in absehbarer Zeit nicht kommen können. Dafür gibt es zwei Gründe: Die ethische Haftungsfrage und die systemischen Grenzen einer KI-basierten Analyse der Verkehrssituation.

Haftung

Wenn ich einen tödlichen Unfall verursache, stehe ich dafür ein: strafrechtlich und zivilrechtlich. Die strafrechtliche Verfolgung soll präventiv wirken („bitte nie wieder machen!“), aber auch den Opfern Genugtuung verschaffen („wenigstens wurde der Schuldige festgestellt und dafür belangt“). Die zivilrechtliche Verantwortungsübernahme hingegen nennt man Haftpflicht, und dagegen muss sich jede Fahrzeughalterin versichern. Auch wenn mich selbst kein Schuld trifft, hafte ich. Das nennt man dann Gefährdungshaftung. Und mit der Konstruktion der Gefährdungshaftung sollen nun Schäden, die von autonom fahrenden Autos verursacht werden, abgedeckt werden.

Anders als beim herkömmlichen Fahrzeug, bei dem der Halter haftet, wenn z.B. das geparkte Auto explodiert und einen Brand auslöst, wird hier diskutiert, den Hersteller des Autos (oder alternativ: den Hersteller der Software) in die Gefährdungshaftung zu nehmen. Doch das ist ethisch und ökonomisch unbefriedigend und würde in der Konsequenz den Rechtsfrieden und damit den gesellschaftlichen Zusasmmenhalt gefährden.

Denn selbst wenn Mercedes-Benz (um mal einen anderen Beispielnamen als Tesla zu wählen) die Hinterbliebenen der von meinem autonomen Auto getöteten Radfahrerin entschädigen sollte, hätten diese berechtigte Fragen nach der ethischen Verantwortung für einen – in ihrer Sicht sicherlich überflüssigen – Unfall. Warum sollten sich trauernde Hinterbliebene damit abfinden, dass eine abstraktes Produkt für den Tod des Angehörigen verantwortlich sein soll? Sie werden sicher in einem Rechtsstaat den Rechtsweg ausschöpfen und so beispielsweise Ingenieure, Softwaredesigner oder Geschäftsführer persönlich verantwortlich machen. Was das für die Rechtssicherheit der Unternehmen (und deren ökonomisches Risiko) bedeutet, muss hier nicht weiter ausgeführt werden.

Künstliche Intelligenz

Autonomes Fahren steht und fällt damit, dass digitale Systeme Verkehrssituationen perfekt und fehlerfrei erfassen. Dazu betreiben die Hersteller einen eindrucksvollen Hardware-Aufwand. Zur Auswertung wird künstliche Intelligenz herangezogen, die aus beobachteten Daten schlüssige Muster feststellen soll. Leider klappt das noch nicht: KI kann eine Giraffe nicht mehr erkennen, wenn zu Testzwecken einige Störpixel eingebaut werden. KI kann auch einen querstehenden Sattelschlepper nicht von einer tief stehenden Sonne unterscheiden.

Und jetzt komme ich: Wie soll KI einen improvisierten Kreisverkehr erkennen, der aus Plastikbaken, abblätternden Baustellen-Fahrbahnmarkierungen und irreführenden Wegweisern besteht? Menschliche Fahrer können das aus Erfahrung deuten und handhaben, aber die KI würde hier entweder eine entnervte Vollbremsung hinlegen oder vorfahrtswidrig in den Kreis einbiegen. Und dann nicht mehr herauswissen.

Fazit

Autonomes Fahren ist vielleicht auf schnurgeraden amerikanischen Highways darstellbar, aber gewiss nicht im Gewusel europäischer oder asiatischer Innenstädte. Haftungsfragen sind überdies ethisch nicht zu klären. Die Fixierung der Autoindustrie auf das autonome Fahren ist ein Irrweg,

Geschrieben von Benedikt Hotze

3. August 2022 um 00:42

1 Kommentar zu “Deutschlands formschönster Kreisverkehr: So wird das nichts mit dem autonomen Fahren”

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  1. Jochen Schönfeldt

    5. Aug 22 um 23:20

    Irrweg. Genauso siehts aus. Jeder kann das erkennen, mit einem Minimum gesunden Menschenverstandes. Und doch lese ich das hier zum ersten Mal.

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