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Aktientipps für Newbies: Gewinne wie im Märchen – und dann erstmal der Absturz

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Worauf man bei Geldanlagen achten sollte, wusste ich eigentlich schon seit Jahren ganz gut. Nun konnte ich meine Erkenntnisse real umsetzen ­­­­­­­- und bin erstmal auf die Nase gefallen. 

Ein kleiner Ratgeber entlang des konkreten Beispiels.

Da klassische Anlagen wie Sparbuch, Anleihen, Tagesgeld, Bausparer, festverzinsliche Wertpapiere oder auch Kapitallebensversicherungen durch das (bislang) niedrige Zinsniveau unattraktiv bis toxisch (Negativzins!) geworden waren, beantworten fast alle seriösen Ratgeber die Frage nach einer einigermaßen sicheren wie renditeträchtigen Anlageform mit der Empfehlung „ETF“.

Exchange Traded Funds (ETF) sind Aktienfonds, die einen Index automatisch nachbilden. Im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds sind ETFs bei den Gebühren drastisch günstiger, und sie schlagen diese in aller Regel auch noch bei der Performance.

Also Aktien. Ein Aktiendepot lässt sich heute online wirklich kinderleicht einrichten und verwalten. Nun ging es um die ausgewogene Mischung aus Risiko und Rendite.

Für wirklich jede Finanzanlage gilt die Binse Nummer eins:

Hohe Chance -> hohes Risiko
Geringes Risko -> geringe Chance

Diese simple Gleichung möchten viele Anleger aber nicht akzeptieren, denn sie finden null Risiko, aber Riesen-Rendite irgendwie besser. Doch sowas gibt es im Märchen, aber nicht am Finanzmarkt. Wer das nicht verstanden hat, fällt leicht auf betrügerische, unseriöse oder einfach überbewertete Produkte herein – und muss sich dann vorwerfen lassen: „Gier frisst Hirn“.

Um eine angemessene Risikostreuung bei der Aktienanlage zu realisieren, wurde das Budget aufgeteilt in Basisgeld und „Spielgeld“. Das Basis-Investment soll die Anlage tragen und über einen langen Zeitraum gehalten werden.

Aktien(fonds) und erst recht ETFs funktionieren dann, wenn man sie lange hält, also einen Anlagehorizont von mindestens 15 Jahren hat. In der Historie hat es noch nie einen 15-Jahres-Zeitraum gegeben, in dem ein Index hinterher weniger wert war als vorher. Das heißt, man muss Kursschwankungen aushalten können. Wer bei kleinen Schwankungen hektisch verkauft oder kauft, macht unter dem Strich immer Minus: Er ist ein Zocker, kein Anleger.

Für das Basis-Investment wurde der größeren Teil in den MSCI Worldwide SRI (ISIN: IE00BYX2JD69) investiert. Der weltweite Index MSCI (der allerdings zu 70% US-amerikanisch dominiert ist) erschien als ausreichend breite Streuung; die Variante „Social Responsible Investment“ (SRI) schließt dabei klima- oder gemeinwohlschädliche Unternehmen aus. Lustigerweise performt der öko-soziale Index besser als der andere…

Beim „Spielgeld“ dann ein Wechsel zu den Zockern (ein bisschen Spaß muss sein). Das heißt: Wenn ein Spielgeld-Investment scheitert, bricht nicht gleich die ganze Konstruktion zusammen.

Exkurs: Als der „Neue Markt“ Mitte/Ende der 1990er auf einmal in der aktienfernen Normalbevölkerung für Rumoren sorgte, habe auch ich schon einmal an der Börse investiert, denn es war ja damals zu schön, um wahr zu sein: Jede Neuemission ging sofort durch die Decke… Hier war es die „Comdirect“-Aktie, die ich über das Online-Banking-Portal meiner „Hausbank“ Commerzbank verwaltet habe. Zum Glück hatte ich vor einer Urlaubsreise den „Stop-Loss“-Button entdeckt. Dieser sorgte dafür, dass die Comdirect-Aktie diskret und automatisch verkauft wurde, als sie unter den Ausgabepreis zu fallen drohte.

Nun zurück zum aktuellen Spielgeld: Aus über dreißigjähriger Verbundenheit mit den Produkten des Unternehmens wurde tatsächlich Apple Inc. (ISIN: US0378331005) ausgewählt.

Übrigens, historischer Rückblick: Hätte ich 1998, zu Steve Jobs‘ Rückkehr, 10.000 DM in Apple-Aktien investiert und diese bis heute gehalten, wäre ich jetzt dreifacher Euro-Millionär. Hätte, hätte, Fahrradkette!

Man sollte nie ein Produkt kaufen, das man nicht versteht. Man sollte nie in ein Unternehmen investieren, das man nicht kennt. Man sollte keinen öffentlichen oder privaten „Insider“-Ratschlägen folgen, weil man nicht weiß, welche Interessen hinter dem Ratschlag stehen. Man sollte vor allem keinem „Finanzberater“ glauben, weil 99% aller Finanzberater keine Berater sind, sondern Verkäufer. Diese wollen dein Bestes – nämlich dein Geld in Form von Verkaufsprovisionen… Auch der „Kundenberater“ deiner Hausbank steht nicht auf deiner Seite, sondern ist dein Gegner, weil er nicht deine, sondern seine Interessen vertritt. Er wird intern daran gemessen, wie sehr er oder sie die Kunden abgezockt hat. Abhilfe wäre die Bezahlung eines unabhängigen Honorarberaters, aber das Geld wollen sich die meisten lieber sparen…

Entgegen den oben genannten Ratschlägen wurde eine zweite, kleinere Tranche des Spielgelds tatsächlich von einem Tipp abhängig gemacht und in das Medizintechnik-Unternehmen Sartorius investiert, aufgrund einer todsicheren redaktionellen Empfehlung der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Doch als das Papier nicht so wie geplant performte, wurde es – mit einem kleinen Verlust – wieder verkauft. Ärgerlich, aber wieder hat ein Stopp Loss funktioniert.

Gewinne wie im Märchen – und dann der Absturz!

Nachdem im Mai 2021 in den MSCI-ETF und in Apple investiert wurde, traute ich meinen Augen kaum: Die Kurse stiegen Tag für Tag! Der Online-Broker weist die Gewinne und Verluste des Depots „seit Kauf“ aus. Auf dem Papier wurde monatelang je ein zweites Netto-Monatsgehalt oben drauf „verdient“ – ungefähr so muss sich das Schlaraffenland anfühlen.

Weiter unten geht es weiter; hier nur noch ein erklärender Hinweis:

Hätte man Gewinne realisieren wollen, wäre allerdings zweierlei passiert: Erstens wären darauf automatisch 25 % Abgeltungssteuer abgeführt worden, und zweitens wäre dies ja nur durch den Verkauf von Anteilen möglich gewesen, die dann für weitere Kurssteigerungen eben nicht mehr im Portfolio gewesen wären. Ein ETF schüttet keine Dividende aus, sondern thesauriert durch Kurszuwächse.

Keine Erfolgsgeschichte ohne Dämpfer: Ab dem Jahreswechsel 2021/22 fielen die Kurse signifikant. Inzwischen war Ukraine-Krieg und Inflation, der „Gewinn“ näherte sich bis Juli 2022 der Nullmarke; einzig Apple sorgte dafür, dass es unter dem Strich knapp über Null blieb. Immerhin: Bisher keine Verluste. Danach  ging es erstmal wieder bergauf, inzwischen wieder runter.

Ob ich jetzt wohl endlich den wichtigsten Tipp umsetzen werde? Er lautet:

Kauf dein Aktien-Investment, schmeiße sofort den Schlüssel weg und sieh 15 Jahre nicht danach. Dann (und nur dann) gewinnst du wirklich.

Geschrieben von Benedikt Hotze

20. August 2022 um 23:26

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