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Velvet Underground – The Complete Matrix Tapes

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Die amerikanische Avantgarde-Rockgruppe Velvet Underground – die Band von Lou Reed – hatte zu Lebzeiten nie ein Livealbum veröffentlicht. Ein opulenter Schuber mit 8 Vinylplatten (oder, wer es braucht, 4 CDs) von 2015 präsentiert in beachtlicher Tonqualität vier Konzerte aus dem „Matrix“ in San Francisco vom November 1969.

Livealben von Rockgruppen wurden erst nach dem irren (von Band und Plattenfirma völlig ungeplanten) Erfolg von Deep Purples „Made in Japan“ (1972) populär. Velvet Underground waren finanziell immer klamm, wenn auch in der Rückschau extrem einflussreich.

Die professionellen Aufnahmen ihrer Konzerte im Matrix waren auch so eine Art ungeplanter Beifang, der nicht zur Veröffentlichung gedacht war. Teile davon landeten auf dem 1972 posthum erschienenen Album „Live 1969“, das mit einem völlig bekloppten Cover (einem krisselig fotografierten Frauenhintern) eher den Eindruck einer Leichenflederei erweckte – tatsächlich aber den authentischen, hochenergetischen, repetitiven Schrammelrock der Band in ordentlicher Tonqualität lieferte.

Die Komplett-Veröffentlichung von 2015 enthält natürlich Doppelungen in der Setlist. Wie in Amerikas Showbusiness damals üblich, sind die Acts teilweise pro Tag zweimal aufgetreten. Aber wer sich auf die fünf Stunden Musikkonserve einlässt, wird Variationen entdecken.

Das Kölner Fotomodell Christa Päffgen, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Nico, singt hier nicht mit – Nicos Beteiligung an der ersten VU-Platte (1967) hatte Andy Warhol als Finanzier der Produktion aus Marketinggründen durchgesetzt.

Aber auf eine weibliche Singstimme muss hier nicht ganz verzichtet werden. Die Schlagzeugerin Maureen „Moe“ Tucker singt „After Hours“ in einer kurzen Quasi-A-Capella-Version. Viele haben Moe Tuckers Bandzugehörigkeit zu einem Geschlechter-diversen Statement befördert; tatsächlich ist die damals androgyn wirkende Drummerin wohl hauptsächlich engagiert worden, weil sie ein Auto zum Transport des Equipments besaß. Und ihr heutiges Standing als Trump-hörige Oma vergiftet rückwirkend ihren unbestreitbaren Beitrag zu einem avantgardistischen Act der Rockmusik, der ansonsten seinesgleichen suchte.

Geschrieben von Benedikt Hotze

10. Dezember 2022 um 00:17

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