Oft vorbeigefahren, nie angehalten: Das Bootshaus Elektra (1910-12) an der Wuhlheide stammt von Peter Behrens. Pikant wird die Sache, weil das Landesdenkmalamt (LDA) spekuliert, der junge Le Corbusier könnte an dem Entwurf beteiligt gewesen sein. – Ein Sonntagsausflug in den Berliner Südosten…
Zu den Mythen der modernen Architekturgeschichtsschreibung gehört ja, die drei späteren Giganten Mies, Gropius und Le Corbusier hätten zu Beginn ihrer Karriere im Büro von Peter Behrens zusammengearbeitet. Das ist angesichts neuerer Forschung so kaum aufrechtzuhalten. Verbürgt ist aber, dass Charles Edouard Jeanneret, der sich später Le Corbusier nannte, 1911-12 dort kürzere Zeit hospitierte. Das LDA bzw. die Denkmaltopographie der Ortsteile Nieder- und Oberschöneweide (2003, Autor: Matthias Donath) zitiert in einer Fußnote eine briefliche Aufzeichnung Jeannerets:
Gresleri, Giuliano: Le Corbusier. Reise nach dem Orient. Unveröffentlichte Briefe und zum Teil noch nicht publizierte Texte und Photographien von Edouard Jeanneret. Zürich 1991, S. 410: „Was ich mache? Im Moment eine große Hütte, „Bootshaus Elektra“, eine Art Gesellschaftsklub für die Arbeiter der AEG“. Quelle
Vor Ort ist an dem heruntergekommenen Bau kein Hauch von Le Corbusier zu spüren. Zu sehen ist vielmehr eine vormoderne Reformarchitektur, die den Historismus überwunden hat und in der kommenden Moderne noch nicht angekommen ist.
Das führt uns zur nahe gelegenen Waldsiedlung Lichtenberg von Peter Behrens, geplant 1915, teilweise realisiert 1919-20. Eine typische Reihenhaussiedlung. wie sie auch Bruno Taut etwa zeitgleich am Falkenberg realisiert hat: Künstlerisch motivierter Städtebau mit differenzierten öffentlichen Räumen. Formal vormodern, aber reformerisch.
Und schließlich fotografieren wir endlich einen Bau, an dem wir auch schon unzählige Male vorbeigekommen sind: Die ehemalige Automobilfabrik der Nationalen Automobil-Gesellschaft, zuletzt bekannt als Samsung. In diesen immer noch etwas abgehängten Teil von „Oberschweineöde“ kämpft der Investor um Nutzer; das Gebäude steht augenscheinlich weitgehend leer.
Die Automobilfabrik der Nationalen Automobil-Gesellschaft (NAG) an der Ostendstraße 1-14 und Wilhelminenhofstraße ist ein Monument der modernen Industriearchitektur des 20. Jahrhunderts.
Mit der 1917 fertig gestellte Fabrikanlage entwarf Peter Behrens eine modifizierte Form der traditionellen Werkhofstruktur. Mit dem mächtigen Turm erweckt die Automobilfabrik den Eindruck eines Rathauses, eines kommunalen Mittelpunkts. Die strikte Trennung von Produktion und öffentlichem Leben ist mit diesem Bauwerk aufgehoben. (Quelle: LDA)