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Datenschutz: Matrose P. und die elektronische Patientenakte

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Die elektronische Patientenakte kommt – für alle gesetzlich Krankenversicherten, die nicht widersprechen. Diskutiert wird über Datensicherheit. Bislang kaum beachtet wird, was eigentlich passiert, wenn formal berechtigte Nutzer die Daten missbrauchen. Zur Anschaulichkeit erzähle ich hier eine Anekdote aus den 1980er Jahren…

1983/84 war ich als Grundwehrdienstleistender bei der Bundesmarine im Sanitätsdienst beschäftigt. Als Mannschaftsdienstgrad war ich Truppenarztschreiber (aka. Sprechstundenhilfe). Einmal in der Woche wurden wir vergattert, eine besondere Ablage-Aufgabe zu erfüllen: Wir sollten die bisher bei der Bundeswehr üblicherweise im A5-Format geführten persönlichen Patientenakten (Militär-Jargon: „G-Karten“) umheften in ein besser handhabbares A4-Format. Diese G-Karten betrafen alle Soldaten, die diesem Sanitätsbereich zugeordnet waren, also auch Berufssoldaten und Vorgesetzte.

Und nun kommt Matrose P. ins Spiel (Matrose ist der Eingangs-Dienstgrad bei der Marine). Matrose P. war ein antriebsloser und nihilistischer Mensch, aber er war nicht dumm. Matrose P. hatte keinen Ehrgeiz, seine Umheftungen in der vorgegebenen Zeitschiene zu bewältigen. Vielmehr las er sich in den Gesundheitsakten fest. Und da erfuhr er von sexuell übertragbaren Krankheiten, er fand Befunde über psychische Erkrankungen, und er wurde informiert über Alkoholmissbrauch. Matrose P. hat aus diesen Informationen vermutlich nur deswegen kein Geschäftsmodell gemacht, weil er dazu zu phlegmatisch war.

Natürlich war Matrose P. formal der medizinischen Schweigepflicht unterworfen, aber das hat ihn vermutlich weder interessiert noch geleitet. Und das wirft die Frage auf, ob die elektronische Patientenakte in großen Arztpraxen oder in Kliniken wirklich nur durch ethisch zuverlässiges Personal einsehbar sein wird.

Geschrieben von Benedikt Hotze

5. Januar 2025 um 00:38

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