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0.75: Der Super Schoppen Shopper wird Fünf

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Es war ja klar, dass dieser Frau wieder irgendwas Schräges einfallen würde: Cordula Eich hat sich zur fünften Auflage ihres Supermarkt- und Discounter-Weinführers „Super Schoppen Shopper“ als James Bond stilisiert. Der wird bekanntlich dieses Jahr Fünfzig (jedenfalls in der deutschen Filmversion). Das Buch bietet „Secret Service für den Weinkauf beim Einkauf“. Die empfohlenen Knaller-Weine bekommen eine stilisierte Bond-Pistole als Logo zugeteilt – doch statt „007“ sind sie mit dem Schriftzug „0.75“ ausgestattet – soviel in Litern passt in eine Standard-Weinflasche. Wir haben uns die Neuauflage näher angesehen.

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Das Projekt der Cordula Eich, die in Wirklichkeit einen anderen Namen trägt, um ihre Privatsphäre zu schützen, ist einzigartig. Denn es gibt, seitdem „Die besten Weine aus dem Supermarkt“ von Till Ehrlich nicht mehr fortgeführt wird, in Deutschland nichts Vergleichbares: einen jährlichen Zustandsbericht über das Weinangebot der Supermärkte und Discounter. Grundsätzliches dazu habe ich dazu schon in meinen Rezensionen der Ausgaben 2011/2012 und 2012/2013 geschrieben. Nur einige Aspekte daraus:

Ja, es ist sinnvoll, Weine aus dem Supermarkt zu testen, auch wenn damit zu rechnen ist, dass gleich etikettierte Flaschen Inhalte aus verschiedenen Chargen haben können. Es ist halt eine Momentaufnahme.

Ja, Feinschmecker und Sommeliers machen sich über dieses Projekt lustig. Ich finde es hingegen elitär, sich pauschal über die Produkte zu erheben, die die große Mehrheit der Weintrinker nun einmal kauft – Weine aus dem Supermarkt.

Ja, viele der hier getesteten Weine sind im Regal „meines“ Vollsortimenters gar nicht aufzufinden, weil jeder Marktleiter eine andere Bestellpolitik fährt. Dafür ist das Sortiment der Discounter einigermaßen flächendeckend erfasst worden.

Ja, die Texte der Cordula Eich sind meistens flapsig und unausgewogen, jedenfalls weit entfernt von genormten Verkostungsnotizen. Das geht aber kaum anders, wenn man 1.500 Produkte von meist bescheidener Qualität „testen“ will.

So gesehen: Mit diesem Buch in der Hand kann man einige Perlen finden, die ein erstaunliches Preis-Leistungsverhältnis bieten – jedenfalls bis zur nächsten Charge.

So, was ist nun neu an der Neuauflage? Alles. Weine haben Jahrgänge, dieses Buch auch. Kein Text ist aus dem letzten Jahr übernommen worden.

Beim einfachen Chardonnay Vin de Pays d’Oc für 1,79 Euro hatte letztes Jahr noch Lidl die Nase vorn: drei von vier Gläsern und das Gütesiegel „Super Schoppen Shopper“ (SSS) für den Chevalier de Fauvert. Der Charette von Aldi Nord fiel hingegen damals mit nur einem Glas deutlich ab. Dieses Jahr ist es andersherum: Der Charette bekommt drei Gläser, der Chevalier, vor zwei Jahren sogar noch Cordulas Liebling („kaufen, saufen, lachen!“) fällt auf zwei Gläser runter. Ich folge ihr da nicht, finde den Lidl-Chardonnay immer noch besser als das Aldi-Nord-Gegenstück.

Der Pinetta Pinot Grigio aus dem Trentino bei Aldi Nord (2,79 Euro) ist von drei auf zwei Gläser heruntergerutscht, während der Graue Burgunder aus Rheinhessen/Rheinpfalz (1,99 Euro) jetzt schon in beiden Jahrgängen ein „SSS“-Etikett bekommen hat. Ich ziehe dennoch den Trentiner deutlich vor.

Der schwere rote Rioja La Feria Tempranillo von Netto (2,39 Euro) ist letztes wie dieses Jahr ein Tipp mit drei Gläsern und SSS-Logo. Neu hinzugetreten ist eine Rosado-Variante des La Feria (2,19 Euro), der sowohl mir als auch Cordula gut schmeckt: ebenfalls drei Gläser und „SSS“.

Das könnte man jetzt fortsetzen; das Ergebnis wäre immer das selbe: Cordulas Urteil ist in vielen Fällen nachvollziehbar, in anderen nicht so ganz. Wie sollte es auch anders sein in diesem Marktsegment?

Dies noch: Der Villa Imperiale Rosso Vigneti delle Dolomiti für stolze 6,99 Euro ist ein Prestigeprojekt, für das sich Aldi Süd mit namhaften italienischen Weinmachern zusammengetan hat. Bei einem Besuch in Aldi-Süd-Land hatte uns der Wein vor zwei Jahren so überzeugt, dass wir einige Flaschen über den Aldi-Äquator importiert haben. In der letzten Auflage des Buches hatte der Wein gefehlt, nun ist er dabei, aber abgeschlagen: mit zwei Gläsern und dem Kommentar „mäßig“. Cordula Eichs Bewertungen sind ausdrücklich preisabhängig, für drei Euro wäre es vermutlich ein „Super Schoppen Shopper“ geworden.

Und zuletzt: Den nun schon in dritter Folge als hervorragend bewertete Gewürztraminer Tramini aus Ungarn (1,99) habe ich beim hiesigen Netto noch nie im Regal gesehen. Auch in diesem Jahr nicht. Cordula muss einfach noch andere Quellen haben. Vielleicht helfen da Agenten des Secret Service?

Geschrieben von Benedikt Hotze

25. September 2013 um 19:01

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