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Haus Baensch von Hans Scharoun in Berlin-Spandau: Frevel an einem Baudenkmal

3 Kommentare

Haus Baensch, 1934-35 von Hans Scharoun, zeigt zur Straße eine Ansicht eines Satteldachhauses mit Lochfassade, die zwar auch keineswegs konventionell wirkt, aber in den orthogonalen Ansichtszeichnungen offenbar in der Nazizeit problemlos genehmigt werden konnte. Zur Havel hin öffnet sich das Haus hingegen in spektakulärer Weise zum Landschaftsraum. Nun wurde das großartige Haus unsachgemäß beschädigt.

Es muss Ende der 1990er oder Anfang der 2000er Jahre gewesen sein: Wir standen mit ein, zwei kleinen Kindern vor dem Haus, in unserer Begleitung war der venezianische Architekturprofessor Marco Pogacnik. Wir trauten uns nicht zu klingeln, da kam auf einmal ein älteres Mercedes-Coupé (ein SLC aus den siebziger Jahren) angefahren und verschwand in der Garage. Marco fasste sich dann ein Herz, ging die Treppe hoch und klingelte.

Der Rest war: ein großartiger Nachmittag in einem sensationellen Gebäude. Die Eigentümer, ein älteres Arzt-Ehepaar, haben uns hereingelassen. Sie haben uns das Haus gezeigt, haben uns erzählt, wie sie in dem eigentlich zu kleinen Haus ihre Kinder großgezogen haben, und haben uns teilhaben lassen an dem unglaublich aufgeweiteten Blick über die Havel. Wir saßen auf dem fest eingebauten, gekurvten Scharoun-Sofa und haben an dem von den Gastgebern ausgeschenkten Riesling genippt, während die Kinder in dem denkmalgeschützten Garten herumgetobt sind.

Schnitt. Im Februar 2021 bietet das Haus ein Bild des Jammers: Unsachgemäße und in dieser Form ungenehmigte Baumaßnahmen haben das Haus und den ebenfalls denkmalgeschützten Garten schwer beschädigt. Die Behörden haben offenbar viel zu spät reagiert, doch nun ist die Baustelle versiegelt, wer dort weiterbaut, macht sich strafbar.

Sofern die Neubaumaßnahmen wieder zurückgebaut werden (und das ist die mindeste Forderung), stellt sich der Schaden augenscheinlich allerdings als begrenzt dar. Bisher zerstört wurde die Garage (das war wohl genehmigt), außerdem wurde die Treppe vom 1. OG in den Garten demontiert, diese wurde allerdings offenbar aufbewahrt (in Plastikplanen verhüllt, siehe Fotos). Nicht klar ist, ob ein auskragendes Dach über der Gartentreppe, welches auf den Fotos der Erbauungszeit zu sehen ist, vor der Intervention noch bestanden hat. (-tze)

Mehr Hintergrund zu den aktuellen Vorgängen um Haus Baensch von Jürgen Tietz bei marlowes.de

Fotos: Benedikt Hotze, 21.2. 2021

Geschrieben von Benedikt Hotze

21. Februar 2021 um 23:15

Abgelegt in Allgemein,Architektur

3 Kommentare zu “Haus Baensch von Hans Scharoun in Berlin-Spandau: Frevel an einem Baudenkmal”

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  1. I. Muele

    26. Sep 23 um 08:03

    Seit einigen Wochen wurden die Arbeiten an dem Anbau weitergeführt, doch nun ist dieses wunderschöne Haus (für den Eigentümer endlich) Geschichte, es ist gestern Abend nach einer heftigen Explosion von Gasflaschen ausgebrannt.
    Jahrelang wurde versucht, dieses Haus zu zerstören, sei es durch monatelanges Offenstehen von Fenstern, wo es dann reingeregnet hat oder die defekte Dachrinne, wo das Wasser ins Mauerwerk eindringen konnte.

    Ich frage mich immer wieder, wie einem Bauvorhaben dieser Größe und diesen Ausmaßes statt gegeben werden konnte.

    Wozu haben wir eigentlich einen Denkmalschutz, wenn einige Leute machen können, was sie wollen!!!

    • Benedikt Hotze

      2. Okt 23 um 00:10

      Ich habe heute die Brandruine besucht, An der Straßenfassade sind keine Brandspuren sichtbar (aber diese ist ja auch der architektonisch uninteressantere Teil des Hauses). Die Gartenfassade war kaum einsehbar; da gibt es massive Brandschäden. Aus der Fernsicht mein vorläufiges Urteil: Mit gutem Willen ist diese Brandruine wiederaufbaubar.

      Der Eigentümer muss jetzt nit allen im Rechtsstaat gebotenen Mitteln aufgefordert werden:

      1. den maßlosen und offenbar ungenehmigten Anbau wieder abzureißen (Bauaufsicht Spandau) und

      2. die Brandruine nach denkmalpflegerischen Kriterien zu reparieren (Untere Denkmalschutzbehörde oder ersatzweise Landesdenkmalamt)

      Es handelt sich hier immerhin um eines der baugeschichtlich wertvollsten Einfamilienhäuser des Landes Berlin!

      • Spaziergänger

        26. Feb 24 um 10:11

        Hallo Herr Hotze,
        nach dem Brand gab es im Haus jetzt noch – oh Wunder – einen Rohrbruch, welcher einen weiteren Wasserschaden verursacht hat. Ich habe von div. Anwohnern erfahren, dass die Eigentümer jetzt wohl einen Antrag auf Aufhebung des Denkmalschutzes beantragen wollen/oder schon haben. Wenn dieser wirklich durchgeht, bleibt nicht´s mehr von diesem wunderschönen Haus übrig, dann machen die Eigentümer alles platt.

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