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Bezirk, Stadtbezirk, Stadtteil: Ein kleines Tutorial zu Berliner Begriffen

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In Berliner Zeitungen liest man immer wieder „Stadtbezirk“, wenn es eigentlich „Bezirk“ heißen müsste, oder „Bezirk“, wenn eigentlich „Stadtteil“ richtig wäre. Da junge, zugezogene Journalist/innen die Unterschiede womöglich gar nicht kennen können, folgt hier ein Mini-Tutorial.

Das Wichtigste vorweg:

  • Berlin hat heute 12 „Bezirke“ (vor 2001: 20 bzw. 22 Bezirke, die oftmals fälschlich als noch existent behandelt werden)
  • „Stadtbezirk“ ist ein DDR-Begriff, der heute verwaltungstechnisch nicht mehr verwendet wird
  • Stadtteile sind kein Bezirk! So ist Kreuzberg heute kein Bezirk, sondern ein Stadtteil; Neukölln hingegen ist ein Bezirk, aber kein Stadtteil. Woher kommt der Unterschied?

Dazu muss man etwas historisch ausholen.

  • 1920 wurde Berlin in den heutigen Stadtgrenzen durch Eingemeindungen unter der Bezeichnung „Groß-Berlin“ gebildet
  • Bei der Bildung von Groß-Berlin wurde die Stadt in 20 Bezirke aufgeteilt. Diese Aufteilung nahm an vielen Stellen keine Rücksicht auf historische Bezüge, sondern legte willkürliche Bezirksgrenzen bzw. Zusammenschlüsse von Ortsteilen fest. Diese Grenzziehungen sorgten später für den teils erratischen Verlauf der Berliner Mauer mitten durch gewachsene Wohngebiete, weil die Alliierten die Besatzungszonen nach den Bezirksgrenzen aufgeteilt haben
  • Ein Beispiel: Die Friedrichstadt, eine zusammenhängende barocke Stadterweiterung des 18. Jahrhunderts auf einem rechteckigen Grundrissraster, wurde willkürlich zwischen den Bezirken Mitte und Kreuzberg geteilt (entlang der Zimmerstraße); das sorgte später für den berühmt-berüchtigten Grenzübergang „Checkpoint Charlie“
  • 1920 wurden einige der neu gebildeten Bezirke mit neu erfundenen Namen bezeichnet; so wurde Kreuzberg in Anlehnung an den dort vorhandenen Berg im Viktoriapark mit dem Schinkel-Denkmal benannt. Neukölln (mit dem Ortszentrum Böhmisch-Rixdorf) wurde in Anlehnung an „Berlin-Cölln“ (das allerdings woanders liegt) benamt.
  • Die Berliner Bezirke haben seit 1920 einen eigenständigen politischen Status ähnlich einer Kommune; damit sollte damals den kritischen Eingemeindungskandidaten entgegengekommen werden
  • Zu DDR-Zeiten kamen am östlichen Rand der Stadt zwei neue Bezirke hinzu, die aufgrund der massiven Neubautätigkeit in Marzahn-Hellersdorf als nötig erachtet wurden
  • 2001 wurden die 22 Bezirke auf 12 reduziert. Seitdem spricht man auch von „Altbezirken“, wenn die Bezirke in den Grenzen von vor 2001 gemeint sind
  • Bei der Bezirksreform wurden keine Grenzziehungen verändert; es wurden lediglich Altbezirke beibehalten oder zusammengelegt
  • Bei der Bezirksreform kamen für die Namensgebung drei Strategien zum Einsatz:
    • Pars pro toto: Prenzlauer Berg und Pankow wurden als „Pankow“ zusammengefasst; Mitte, Tiergarten und Wedding wurden als „Mitte“ zusammengefasst
    • Mehrfachnennung: Charlottenburg und Wilmersdorf wurden zu „Charlottenburg-Wilmersdorf“ zusammengefasst (und andere mehr)
    • Beibehaltung: Reinickendorf, Neukölln und Spandau behielten ihr Territorium und ihren Namen
  • Übrigens habe ich oben gelogen: Es gibt doch einen Stadtteil „Neukölln“. Damit wird in diesem heterogenen Bezirk der dichtbebaute Altbauteil des Bezirks innerhalb des S-Bahn-Rings bezeichnet. Zur Erläuterung hier eine Karte der Stadtteile:

 

Geschrieben von Benedikt Hotze

10. Juni 2021 um 22:18

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