Familien, Radfahrer, Neonazis: An einem sonnigen Sonntag treffen wir am Bogensee (Gemeinde Wandlitz, Kreis Barnim im Land Brandenburg) auf regen Besucherverkehr, der sich auch nicht durch allgegenwärtige Verbotsschilder davon abhalten lässt, den Landsitz zu sehen, den sich Nazigröße Joseph Goebbels ab 1939 errichten ließ, um sich ungestört mit seiner Geliebten zu treffen. Doch das Land Berlin als Besitzer will das denkmalgeschützte Gelände abreißen, um Unterhaltskosten für den Lost Place zu sparen. Landkreis und Gemeinde halten mit einem „Abriss-Moratorium“ dagegen.
Archiv für die Kategorie ‘Gesellschaft und Politik’
Finanzberatung: Es sind alles Verkäufer da draußen!
Die EU-Kommission will gerade ein Provisionsverbot für Anlageberatungen bei Kleinanlegern durchsetzen. Warum wundert es mich nicht, dass ausgerechnet Unions- und FDP-Politiker dagegen sind? Diese Parteien werden von Lobbyisten beeinflusst, die am Status Quo Milliarden verdienen. Zu Lasten der Verbraucher und Kleinanlegerinnen.
Deutschlands formschönster Kreisverkehr: So wird das nichts mit dem autonomen Fahren
Die Autoindustrie verfolgt mit missionarischem Impetus das Ziel des selbstfahrenden Autos. Zwei prinzipielle Hindernisse werden dabei ausgeblendet: die Haftungsfrage und die Grenzen der Künstlichen Intelligenz.
Weimar: Rhabarbar in der Garage von Thomas Kemmerich
Die Weimarer Studenten-, pardon: Studierenden-Szene ist woke, divers und international. Jedenfalls hat die studierende Tochter dem besuchenden Papa dies so vorgeführt. Eine wohl nicht ganz legale Nachtbar in einer privaten Garage der Weimarer Westvorstadt hat uns eine andere Facette der örtlichen Gastronomie gezeigt: die „Rhabarbar“. Die Garage gehört zu dem privaten Anwesen des kurzzeitigen Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich.
Fools die laughing still: Frank Blomberg aka Dorsch †1983
Viele hielten ihn für einen Albino: helle Haut, weißblonde Haare, getönte Brille. Als ich ihn kennenlernte, war er drei Schulklassen unter mir. Er fiel auf dem Schulhof auf, weil er an seiner Jacke stets vier Buttons seiner bevorzugten Musikgruppen trug: Pink Floyd, Deep Purple, Whitesnake, Rolling Stones. Wir reden von 1980, da war sowas für einen 13-jährigen Teenager Glaubenssache.
Blitze, Busse und Telegraphen: Reliefs an der Post in Velten von 1931
Auf einem unserer legendären Sonntagsausflüge im Berliner Umland ist uns die Post in Velten, Landkreis Oberhavel, aufgefallen. Vier sehr originelle Reliefs zeugen von der Modernität des Postwesens in der Weimarer Republik.
Anleitung zum Dorfkrimi
Unzählige Fernsehfilme nerven mit immer dem selben Schema: Dorfheimkehrerin entdeckt unfreiwillig ein Dorfgeheimnis. Eine Anleitung für Drehbuchautoren
Vom Guten Hirten: Eine Kirche als Gefängnis!
So etwas habe ich noch nie gesehen: eine katholische Kirche mit vier sternförmig auf einen Zentralbau mit Altar („Sanktuarium“) ausgerichteten Langhäusern. Das Grundriss-Layout erinnert nicht zufällig an die übliche Bauweise von Gefängnissen im 19. Jahrhundert: Das Kloster vom Guten Hirten in Berlin-Marienfelde, errichtet 1904, diente dazu, „sittlich gefährdete“ Mädchen wegzusperren.
„Papa, glaubst du an Gott?“
Irgendwann musste sie ja kommen, die Gretchenfrage: „Papa, glaubst du an Gott?“ fragte mich eine meiner Töchter im Alter von 14. Ich antwortete ihr mit einer Gegenfrage: „Kommt darauf an, wie du Gott definierst“. Wir haben das damals nicht vertieft. Und die etwas komplexere Antwort habe ich hier aufgeschrieben.
Bezirk, Stadtbezirk, Stadtteil: Ein kleines Tutorial zu Berliner Begriffen
In Berliner Zeitungen liest man immer wieder „Stadtbezirk“, wenn es eigentlich „Bezirk“ heißen müsste, oder „Bezirk“, wenn eigentlich „Stadtteil“ richtig wäre. Da junge, zugezogene Journalist/innen die Unterschiede womöglich gar nicht kennen können, folgt hier ein Mini-Tutorial.
Der Rechtsstaat
Die Idee des demokratischen Rechtsstaats hat es zur Zeit schwer. In unserer Jugend haben wir aus Daffke dagegen opponiert, weil wir ihn für einen Trick der Herrschenden hielten. Despoten wie Trump, Erdogan und Orban machen heute Stimmung dagegen. Um so wichtiger, den Rechtsstaat wertzuschätzen.
Für unsere St. Laurentius-Pfarrkirche
Es ist Sonntag. Auch im säkularen Berlin läuten die Glocken. Sie erinnern mich an den „Steeler Dom“ meiner Kindheit.
Trebbin: Bruno Taut und Friedensstadt
Siedlung Freie Scholle, Schloss Schönhagen und Friedensstadt: Ein januartrüber Sonntagsausflug führt nach Trebbin südlich von Berlin, immerhin die Partnerstadt von Weil am Rhein mit seinem internationalen Architekturzoo. In Trebbin gibt es ein Angerdorf von Bruno Taut, ein unzugängliches neobarockes Schlösschen und ein sozialreformatorisches christliches Siedlungswerk der 1920er Jahre, das von der Sowjetarmee heftig überformt wurde.
Tücken des Alltags: Vom Erwerb eines Fahrscheins zum Kirchentags-Shuttle
An diesem Wochenende sind die Abschlussfeierlichkeiten des Kirchentags Berlin-Wittenberg 2017 in der Lutherstadt Wittenberg. Die Veranstalter haben einen Bahn-Shuttle-Service zwischen Berlin-Südkreuz und Wittenberg eingerichtet. Der Versuch, dafür eine Fahrkarte zu erwerben, gleicht zeitweise einer Odyssee.
Buchrezension: Peter Richter: 89/90
Der gebürtige Dresdner Peter Richter, heute Kulturkorrespondent der Süddeutschen Zeitung in New York, erzählt von den Wendejahren 1989/90 in seiner Heimatstadt. In aller Drastik wird eine Adoleszenz vorgeführt, die vom Verschwinden einer gesamten Gesellschaftsordnung geprägt ist. Der große Wenderoman ist es allerdings nicht geworden.
Berliner Gaslicht-Streit zum Dritten: Aufsatzleuchten bleiben – zumindest die Masten
In zwei Beiträgen (und Nachträgen) habe ich scheibchenweise zu ergründen versucht, was genau mit den Berliner Gaslaternen passieren soll. Das kann man hier und hier nachlesen. Nun habe ich neue Informationen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erhalten, die allerdings danach unsere schriftliche Kommunikation einseitig beendet hat – leider nicht ohne neue Fragen offen zu lassen. Ich fasse den Stand der Dinge noch einmal zusammen.
Buchrezension: Authentizität und Gemeinschaft – über das linksalternative Leben in den Siebzigern
Mit dem Geburtsjahrgang 1964 bin ich einen Tick zu jung, um das „Linksalternative Leben in den siebziger und frühen achtziger Jahren“ (Untertitel) selbst als erwachsener Akteur erlebt haben zu können. Noch einmal drei Jahre jünger ist der Autor dieser Untersuchung: Der 1967 geborene Sven Reichhardt erforscht auf 1.000 Seiten mit dem Instrumentarium des neutralen Wissenschaftlers die selbsternannte alternative Avantgarde, die das geistige Klima in Deutschland im Grunde bis heute entscheidend prägt – das Buch ist eine imponierende Fleißarbeit.
Bungalow Germania – der deutsche Biennale-Beitrag ist erstaunlich und verstörend
So macht man das: Deutschland hat 2014 einen Beitrag zur Architektur-Biennale, der sofort verstanden wird, enorme Schauwerte liefert und dann auch noch der Erkenntnis dient.
Buchrezension: Das Tempelhofer Feld von Rolf Lautenschläger
Am 25. Mai können die Berliner in einer Volksabstimmung darüber abstimmen, ob das Tempelhofer Feld von jeglicher Bebauung freigehalten werden soll, oder ob die Ränder der riesigen Freifläche des ehemaligen Flughafens Tempelhof bebaut werden können, wie es der Berliner Senat plant. Rechtzeitig dazu ist ein kleines, feines Buch erschienen, prall gefüllt mit Geschichten von diesem mythischen Ort.
Das Blaue Wunder von Chemnitz: Eisenbahnviadukt in Gefahr
Ein Verkehrsbauwerk als Wahrzeichen: Wie die Elbbrücke „Blaues Wunder“ in Dresden steht in Chemnitz das markante Eisenbahnviadukt über Annaberger Straße und Beckerstraße für Industrie und Fortschritt. Doch im Zuge des Fortschritts will die Deutsche Bahn das Viadukt abreißen. Den Entwurf eines Ersatzbauwerks gibt es schon. Würde er umgesetzt, verlöre Sachsens drittgrößte Stadt einen zentralen Identifikationsort.