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Neues vom Berliner Gaslicht-Streit: Straßenliste veröffentlicht

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Der Berliner Senat will die Gaslaternen abschaffen. So heißt es jedenfalls immer bei den Gegnern dieser Pläne. Tatsächlich gibt es jetzt Neuigkeiten gegenüber meiner letzten Wortmeldung zum Thema (die Sie zum Verständnis erst lesen sollten): Es gibt nun eine Liste von (eher wenigen) Straßen, an denen die Gasleuchten erhalten bleiben sollen. Was nach einem tiefen Eingriff ins Stadtbild klingt, ist tatsächlich aber weit weniger dramatisch.

aufsetz_700_P1050973 Auch ich finde die Gaslaternen in Berlin toll. Sie sind stimmungsvoll, nostalgisch, eben sehr Berlin. In keiner anderen Stadt gibt es noch so viele Straßenleuchten, die mit Gas betrieben werden. Auch in meiner Straße in Onkel Toms Hütte leuchten Aufsatzleuchten mit Gaslicht. Als wenig hilfreich empfinde ich allerdings Wortmeldungen von Gaslichtfreunden, die es mit wirren Argumentationen und Fakten ignorierenden Beiträgen sogar bis in die Feuilletons der meinungsbildenden Zeitungen geschafft haben – wie kürzlich wieder in der FAZ (Beitrag leider nicht online).

Ich mag keine Verschwörungstheorien, und deswegen kann ich auch keine Äußerungen ernst nehmen, in denen nicht einmal zwischen den verschiedenen Typen von Gasleuchten unterschieden wird. Das hingegen leistet der Berliner Senat in seiner Öffentlichkeitsarbeit (die allerdings auch nicht vor unschlüssigen Argumentationen und Halbwahrheiten gefeit ist).

Demnach werden die Gasreihenleuchten aus den fünfziger Jahren in Westberliner Hauptverkehrsstraßen bis auf geringe Reste derzeit abgebaut und durch anders gestaltete Elektroleuchten ersetzt. Dieser Vorgang ist umumkehrbar und nach meiner Auffassung auch nicht zu beanstanden.

Die charakteristische und zahlenmäßig bei weitem dominantere Gasleuchte ist die Aufsatzleuchte (siehe Bild). Diese soll offenbar flächendeckend erhalten werden, jedenfalls was Mast und Aufsatz angeht, lediglich sollen an den meisten Standorten die Glühstrümpfe durch LED-Lampen ersetzt werden. Diese haben exakt die selbe Lichtfarbe wie die Gaslampen. Davon habe ich mich im letzten Winter an der Pilotanlage in der Kreuzberger Falckensteinstraße überzeugen können, wo gasbetriebene Leuchten neben solchen mit LED-Betrieb stehen. Die LEDs sind lediglich heller, was erstens nur im direkten Vergleich auffällt, zweitens sicherlich noch dimmbar wäre und drittens im Sinne der Sicherheit vielleicht gar kein Fehler ist.

Neu ist eine Liste der Straßen, an denen die Aufsatzleuchten gasbetrieben bleiben sollen. Diese war in der Berliner Morgenpost zu lesen, leider gibt es online dort nur eine grobe Zusammenfassung. Hauptsächlich Denkmalbereiche, auch und vor allem aus den zwanziger Jahren (als diese Aufsatzleuchten aufgestellt wurden), sind hier genannt.

Not in my backyard: Meine Straße, meine Siedlung bleibt gasbeleuchtet. Anderswo bleiben die Masten und die Aufsätze erhalten, lediglich das „Betriebssystem“ wird unsichtbar gewechselt. Damit kann ich leben.

Nachtrag 29. 7. 2014

1. Die Gebiete, in denen Gasleuchten mit Gasbetrieb erhalten bleiben – gut 3.000 Stück –, werden inzwischen in einer interaktiven Karte des Senats angezeigt. Es handelt sich dabei zumeist um städtebauliche Flächendenkmale.

2. Meine bisherige Argumentation steht und fällt damit, ob wirklich die über 30.000 Gasaufsatzleuchten allesamt (also auch die außerhalb der oben genannten Gebiete) erhalten bleiben und lediglich auf LED umgerüstet werden. Ich habe dazu die Pressestelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angefragt und keine eindeutige Antwort erhalten, jedenfalls keine positive Bestätigung eines materiellen Erhalts. Die entsprechende Passage in der Antwort der Pressestelle vom 22. 7. 2014 lautet:

Bei allen bisherigen Umrüstungsprojekten von Gasaufsatzleuchten sind die neuen LED-Leuchten in Form und Lichtfarbe der Gasleuchte nachempfunden. Bündelpfeilermaste werden – soweit möglich – wieder als Gasmaste eingesetzt. Die demontierten Gasleuchten werden an anderer Stelle in der Stadt wieder als Gasleuchten eingesetzt.

Das kann im Klartext nur heißen: Bei einer Umrüstung auf LED werden die Bündelpfeilermaste und die Aufsätze offenbar entfernt und durch optisch ähnliche, jedoch neue Anlagen ersetzt. Die entfernten Maste und Leuchten werden aufbewahrt und – womöglich – in den genannten Erhaltungsgebieten als Ersatzteile eingesetzt. Damit ist meine Argumentation, dass die Gaslaternen materiell erhalten bleiben, wohl hinfällig. Bisher hatte ich das anders verstanden, nicht zuletzt weil in einer Veröffentlichung des Senats ausdrücklich vom Erhalt zumindest der Bündelpfeilermasten gesprochen wird:

Die Gasaufsatzleuchten in ihrer traditionellen Erscheinungsform bleiben erhalten. Sie wurden bisher insbesondere anlässlich von Gasrohrsanierungen des Netzbetreibers NBB auf elektrischen Betrieb umgestellt und dafür ausnahmslos mit modernen LEDs ausgestattet. Die Entwicklung dieser Technologie hinsichtlich Leuchtmittelform und Lichtfarbe ist mittlerweile so weit, dass selbst die fachkundige Betrachter kaum einen Unterschied zwischen den herkömmlichen Gasleuchten und den mit LED ausgestatteten Modellen erkennen können.

Wegen der Langlebigkeit der gusseisernen Maste wurden technische Lösungen zu deren Wiederverwendung für einen Elektrobetrieb gesucht. Der äußerst enge Hohlraum in den alten gusseisernen Bündelpfeilermasten stellte bislang ein Hindernis für deren Wiederverwendung bei der Elektrifizierung dar. Durch die Entwicklung eines neuen, sehr schlanken Anschlussmoduls für die Energieversorgung ist jetzt aber sichergestellt, dass die alten Maste wiederverwendet werden können. 

Künftig können damit Umrüstungen von Gasaufsatzleuchten unter Wiederverwendung der alten gusseisernen Bündelpfeilermaste erfolgen. Zudem ermöglicht die Umrüstung auf LED eine dem Gaslicht nahezu identische Lichtfarbe.

Hier steht, dass die Masten wiederverwendet werden können, nicht aber, dass sie wiederverwendet werden. Man achte auf die Feinheiten. Im Zusammenspiel mit der Presseantwort wird man also sagen müssen, dass sie (außerhalb der Erhaltungsbereiche) nicht erhalten werden. Erhalten bleibt lediglich das Erscheinungsbild. Die Frage ist, ob mir das reicht. Die habe ich für mich jetzt noch nicht abschließend beantwortet.

Geschrieben von Benedikt Hotze

8. Juli 2014 um 00:06

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