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Berliner Gaslicht-Streit zum Dritten: Aufsatzleuchten bleiben – zumindest die Masten

1 Kommentar

In zwei Beiträgen (und Nachträgen) habe ich scheibchenweise zu ergründen versucht, was genau mit den Berliner Gaslaternen passieren soll. Das kann man hier und hier nachlesen. Nun habe ich neue Informationen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erhalten, die allerdings danach unsere schriftliche Kommunikation einseitig beendet hat – leider nicht ohne neue Fragen offen zu lassen. Ich fasse den Stand der Dinge noch einmal zusammen.

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Die 1.200 Gasmodelleuchten (Stand 2012) spielen zahlenmäßig keine große Rolle und sind nicht von systematischer Umrüstung bedroht.

Ähnliches gilt für die 3.600 Gashängeleuchten. Hier ”erfolgt die Umstellung nur punktuell und in kleiner Stückzahl“ (SenStadtUm). Wenn Hängeleuchten künftig „in geringem Umfang“ auf LED-Betrieb umgerüstet werden, ist es „oberstes Ziel, die äußere Form de Leuchte und eine dem Gaslicht ähnliche Lichtfarbe zu erhalten“ (SenStadtUm)

Die 8.000 Gasreihenleuchten aus den fünfziger Jahren im Westteil der Stadt werden jedoch – bis auf wenige Ausnahmen in so genannten Erhaltungsgebieten – seit 2012 und bis 2016 systematisch entfernt und durch die elektrische Leuchte „Jessica“ ersetzt. Dieser Vorgang ist unumkehrbar, die Aufträge an die Firmen sind erteilt. Der Stand der Umrüstung ist hier ersichtlich.

Interessanter ist, was mit den 30.000 Gasaufsatzleuchten passieren soll. Diese sind die „klassische Gaslaterne“ und prägen das Bild vieler Straßen. Generelle Aussage dazu: „Die Gasaufsatzleuchten in ihrer traditionellen Erscheinungsform bleiben erhalten.“ (SenStadtUm). Das kann aber eine Umrüstung auf LED-Betrieb bedeuten. Die Fragen: Wieviele (welche) Aufsatzleuchten bleiben als Gasleuchten erhalten und wie sieht die Umrüstung auf LED technisch aus?

Demnach gibt es – und das ist für mich neu – drei verschiedene „Gebietsformen“:

  • Zum einen das „geschützte Gasgebiet“ in „ausgewiesenen städtebaulich relevanten Flächendenkmalen“. Dort wird nichts verändert. Insgesamt bleiben in diesen Gebieten etwa 3.300 gasbetriebene Leuchten erhalten, darunter übrigens auch Gasreihenleuchten. Welche Gebiete das sind, zeigt eine interaktive Karte.
  • Dann gibt es den „erweiterten Erhaltungsbereich“, dort werden die Gasleuchten durch gleich aussehende LED-Leuchten ersetzt. Dabei handelt es sich um 1.100 Gasaufsatzleuchten, 300 Gashängeleuchten und 260 Gasmodellleuchten. Auf Nachfrage hieß es, „selbstverständlich“ gebe es auch dafür eine Straßenliste – allerdings kenne ich sie nicht, weil der Pressesprecher von SenStadtUm sie mir nicht zugänglich gemacht hat. Ob diese Liste also überhaupt öffentlich ist, weiß ich nicht. – Vermutlich gehört das Gebiet in Neukölln, wo gegenwärtig 700 Aufsatzleuchten auf LED umgerüstet werden, zu diesem erweiterten Erhaltungsbereich.
  • Zu dem dritten Gebiet (also dem Rest der Stadt) bekam ich am 5. August 2014 diese Antwort:

Auch in den nicht geschützten Bereichen werden die Gasaufsatzleuchten derzeit hauptsächlich durch LED-Nachbildungen ersetzt. Die Umrüstung erfolgt schrittweise. Es gibt noch keinen Termin, bis wann die Umrüstung abgeschlossen sein soll, daher auch noch keine belastbare Zahlen. Im kommenden Jahr werden voraussichtlich 600 Gasaufsatzleuchten in Spandau und Neukölln auf LED umgerüstet.

Wie sieht nun die Umrüstung auf LED technisch aus? Kurze Antwort: Die Bündelpfeilermasten werden erhalten und wiederverwendet, aber nicht in situ; die Aufsätze werden offenbar nachgebildet. Wörtlich liest sich das in einer Antwort vom 4. August 2014 so:

Bei den Masten werden die gusseisernen Bündelpfeilermaste demontiert und in der Werkstatt für den elektrischen Betrieb umgebaut. Dafür muss eine Bedienungsklappe im unterem Bereich in den Mast geschnitten werden. Diese Maste werden dann wieder für die Umrüstung verwendet. Es kann aber aus logistischen Gründen nicht der selbe Mast am gleichen Ort aufgestellt werden. Dort, wo derzeit runde Stahlmaste mit Gasaufsatzleuchten stehen, werden diese grundsätzlich durch Bündelpfeilermaste ersetzt. Sofern kein Altmaterial zur Verfügung steht, werden die Maste durch neue Bündelpfeilermaste aus Aluminium ersetzt. Grundsätzlich werden keine alten Bündelpfeilermaste verkauft oder verschrottet. Sofern diese Maste keine Beschädigungen haben, werden sie dem Umrüstungskreislauf zugeführt.

Fazit: Es sieht so aus, dass die Gasaufsatzleuchten wohl flächendeckend materiell erhalten bleiben (zumindest die Maste, die Aufsätze sind außerhalb der Erhaltungsgebiete wohl Nachbildungen für den LED-Betrieb). Ich habe mich in der Falckensteinstraße davon überzeugt, dass die Lichtfarbe von LED ununterscheidbar zu Gaslicht ist.

Ich sprach davon, dass das Erscheinungsbild also erhalten bleibe, lediglich das „Betriebssystem“ gewechselt werde. Klar, dass echten Gaslichtfreunden das nicht schmeckt. Ich finde aber, es könnte schlimmer kommen.

Nachtrag 31. August 2014

Ich habe nach Erscheinen dieses Beitrags brav am 26. August 2014 einen Beleg-Link an den Pressesprecher von SenStadtUm geschickt:

… auch wenn Sie in Ihrer letzten Mail unseren Kontakt einseitig als beendet erklärt haben, erlaube ich mir, Ihnen meinen daraus entstandenen Artikel als Beleg zuzuschicken. Ihre Informationspolitik wird darin teilweise kritisiert.


Seine Chefin reagierte darauf am 27. August unerwartet verschnupft:

… enttäuschend daran ist nur, dass unsere Pressestelle die aufwändige Recherchearbeit lediglich für Ihren Blog geleistet hat.

Ich habe ihr dann am selben Tag geantwortet:

… wie darf ich Ihre Unmutsäußerung denn genau verstehen? Gibt es für die Pressestelle „wertvollere“ Medien und weniger wertvolle wie Blogs?
Immerhin habe ich mit der Unterstützung Ihres Kollegen die am besten recherchierte Zusammenfassung zum Thema Gaslicht-Umrüstung veröffentlicht, die Sie irgendwo finden können. Diese steht per Suchmaschinenabrfage nun jedermann zur Verfügung. Ich bin mir sicher, dass sich auch die Kollegen der „wertvollen“ Medien dieser Informationen bedienen werden. In diesem Sinne war Ihr Aufwand nicht umsonst.

 

 

 

 

Geschrieben von Benedikt Hotze

26. August 2014 um 19:04

1 Kommentar zu “Berliner Gaslicht-Streit zum Dritten: Aufsatzleuchten bleiben – zumindest die Masten”

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  1. G. Holst

    23. Jan 15 um 15:28

    Die Reaktion der Oligarchen im Senat zeigt alles! Die lachen Sie noch aus! Fürchterliches Volk in den Rathäusern, für die sind wir doch nur Stimmvieh!! Irgendwann wird sich hier hoffentlich was ändern…

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