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Buchrezension: Das Tempelhofer Feld von Rolf Lautenschläger

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Am 25. Mai können die Berliner in einer Volksabstimmung darüber abstimmen, ob das Tempelhofer Feld von jeglicher Bebauung freigehalten werden soll, oder ob die Ränder der riesigen Freifläche des ehemaligen Flughafens Tempelhof bebaut werden können, wie es der Berliner Senat plant. Rechtzeitig dazu ist ein kleines, feines Buch erschienen, prall gefüllt mit Geschichten von diesem mythischen Ort.

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Am besten kann man das „Wiesenmeer“ erfassen, wenn man die Stadtautobahn oder die Ringbahn der S-Bahn entlang fährt. Eine riesige Freifläche mitten in der gebauten Stadt – das ist wirklich einmalig. Doch ausgerechnet hier, am südlichen Rand des Feldes, will der Senat Wohnungen und Gewerbe bauen – und damit den Blick verbauen.

Das Buch von Rolf Lautenschläger, dem verdienstvollen Architekturmann in der Berliner Lokalredaktion der taz, will kein aktueller Debattenbeitrag zur Bebauungsfrage sein. Es ist aber auch kein touristisches Coffeetable-Book. Es ist vielmehr eine Material- und Anekdotensammlung zur Geschichte des Flugfeldes und seiner angrenzenden Kieze, erkennbar getragen von der Hochstimmung, wie sie wohl bei jedem Besucher eintritt, wenn er sich diese Weite aneignet – zu Fuß, mit dem Rad, als Skater oder Kitesurfer, als Hundebesitzer, urbaner Gärtner oder einfach nur als Picknicker mit der Familie. 1,5 Millionen Menschen besuchen pro Jahr den Park, obwohl es kein Park ist und es dort nicht einmal eine Parkbank gibt. Sparsam in das Buch eingestreute Fotoessays von Paul Langrock und Wolfgang Fritschs setzen dies alles ins Bild.

„Tempelhof ist ein Denkmal, ein Wahrzeichen, ist Liebe“, schreibt Lautenschläger über den Koloss des Flughafen-Bauwerks. Man sieht, dass dieses Monument aus der Nazizeit so positiv besetzte Gefühle freisetzen kann, was einerseits wild überrascht und andererseits vor Ort wohl Vielen so geht. Lautenschläger ist daran gelegen, den Mythos zu entzaubern, um ihn im  Alltag ankommen zu lassen. Gerüchte, es gebe geheime U-Bahnen und Tunnel bis zur Reichskanzlei, werden als das behandelt, was sie sind: Märchen.

Rolf Lautenschläger: Das Tempelhofer Feld. Mit Fotografien von Wolfgang Fritsche und Paul Langrock und einem Vorwort von Matthias Lilienthal
ISBN: 978-3-939629-24-5
Format: 16,5 x 21,0, 32 Farbfotos, 112 Seiten, Flexcover
L&H-Verlag, Berlin, 2014
19,23 €
 

Geschrieben von Benedikt Hotze

17. Mai 2014 um 15:52

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