tzetze

Das Blog von tze

„Nutzung nicht vorgesehen“: Minimalistische Denkmalpflege am KZ Sachsenhausen

keine Kommentare

Das „Grüne Ungeheuer“ ist saniert worden. Oder zumindest gesichert: Ein Gebäude an der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen in wichtiger städtebaulicher Lage ist vor dem weiteren Verfall bewahrt worden – indem man es ohne Nutzung und ohne Fenster in situ konserviert hat. Eine eher ungewöhnliche denkmalpraktische Maßnahme…

700_P1070070

Das kennt man: Die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg, nordwestlich von Berlin, ist vor rund zehn Jahren grundlegend umgestaltet und saniert worden. Dabei wurde die „Station Z“ als zentraler Gedenkort von HG Merz gestaltet. Allerdings fiel auch danach noch ein Gebäude im Zustand des fortschreitenden Verfalls ins Auge – das ehemalige Kasino des SS-Truppenlagers. Dieses Gebäude bildet den Anfangspunkt der Hauptachse der KZ-Anlage und ihrer zu DDR-Zeiten erfolgten monumentalen Überformung, die am anderen Ende dieser Achse auf einen Betonobelisken von 1959/60 führt. Anders gesagt: Direkt gegenüber des Haupteingangs, wenige Meter vom touristischen Parcours entfernt, stand jahrelang ohne nähere Erklärung eine Ruine.

Ob es im Zusammenhang mit Konzentrationslagern angebracht ist, Gebäude mit Spitznamen zu versehen, mag dahingestellt sein. Jedenfalls wird dieser Bau im Volksmund als „Grünes Ungeheuer“ bezeichnet – ein Name, den auch der „Dehio“ nennt. Das Haus war Bestandteil der SS-Truppenkaserne, die den mörderischen Betrieb des Konzentrationslagers überhaupt erst ermöglicht hat.

Nicht schlecht gestaunt haben wir bei unserem heutigen erneuten Besuch, als sich das Kasino auf den ersten Blick als saniert präsentierte. Doch irgendetwas stimmt hier nicht: Die Fensteröffnungen sind vorhanden, aber mit undurchsichtigen Platten verschlossen. Im „Mittelschiff“ sind provisorisch verstärkte alte Holzbinder zu sehen, aber keine raumabschließenden Wände. Die flachen Walmdächer sind mit simpler Dachpappe neu gedeckt. Das Gebäude ist unzugänglich. Was mag darin sein?

Im Netz finden wir eine Presseerklärung der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten aus dem Jahr 2011, in der die damals geplanten Sicherungsarbeiten angekündigt werden. Darin heißt es:

Der auf einem massiven Kellergeschoss errichtete Holzbau (ca. 90 x 50 m) nahm mit seinen Mittel-, Seiten- und Querschiffen sowie einer kleinen Apsis Elemente der Sakralarchitektur auf und beherbergte Speisesäle, Küchen und Kantinen sowie Offizierskasinos. Wahrscheinlich erst nach 1945 erhielt das markante Bauwerk den Beinamen „Grünes Ungeheuer“. Im Rahmen der Baumaßnahme werden der der Gedenkstätte zugewandte Nordflügel sowie der Südflügel mit dem ehemaligen Haupteingang saniert und teilweise rekonstruiert. Über dem weitgehend zerstörten Mittelteil, wo sich der Speisesaal befand, wird ein neues Dach errichtet. Auf diese Weise soll bis Ende 2012 die Raumwirkung des Gebäudes wieder hergestellt werden.

Markant ist der lapidare letzte Satz:

Eine Nutzung ist nicht vorgesehen.

700_P1070072

 

Geschrieben von Benedikt Hotze

6. April 2014 um 22:14

Abgelegt in Allgemein,Architektur

Hinterlasse doch ein Kommentar