Klar ist Paris teuer. Die üblichen Lokale an den großen Boulevards sind für normal verdienende Besucher eigentlich unbezahlbar – was nicht zuletzt an den hohen Getränkepreisen liegt. Wie kann man in hier dennoch preiswert essen? Wir haben ein kleines Restaurant in Montparnasse gefunden, in dem man mit rund 40 Euro auf der Rechnung zu zweit glücklich wird: dreigängig, mit Aperitiv und Wein – und in jedem Fall landestypisch.
Aber holen wir erstmal aus.
Trotz der hohen Preise sind die beiden Lokale, die uns hier am Bd. Edgar Quinet in Montparnasse als typische Beispiele für den „Standard“ als erstes ins Auge fallen, mittags wie abends gut gefüllt: Im „Café de la Place“ und im „Café Odessa“ essen die Leute im Freien eine Kleinigkeit, ein Sandwich, ein Crêpe oder einen Salat. Es sind Einheimische, Berufstätige, Junge und Mittelalte, jedenfalls kaum Touristen.
Die dazugehörigen Getränkepreise sind es nun, die wir atemberaubend finden. Erfrischungsgetränke wie eine simple Cola kosten 4,50 Euro (serviert wird eine 0,33 l-Flasche); ein kleines Bier (0,25 l, „demi“) will ebenfalls mit 4,50 Euro bezahlt werden. Ein halber Liter Bier vom Fass („pinte“) kostet hier durchgängig die absurde Summe von 8 Euro. So teuer ist es nicht mal in Venedig in vorderster (Wasser-) Front. In vergleichbaren Lokalen in Berlin wird 3,50 Euro für einen halben Liter Pils schon als eher teuer empfunden; in München gibt’s die Halbe Helles durchaus schon für 2,80 Euro.
Der Wein wird in Paris in Winzgläsern von 0,14 l ausgeschenkt und kostet für diesen Fingerhut mindestens 3,50 bis 4,50 Euro, eine Halbliterkaraffe offenen Weines schlägt in den üblichen Lokalen mit mindestens 12, gern aber auch mit 15 und mehr Euro zu Buche. Diese Preise sind Standard in Paris, nicht etwa besondere Spitzen an touristischen Hotspots.
Warum ich so auf den Getränkepreisen herumreite? Weil sie natürlich erheblichen Einfluss auf die Endrechnung im Restaurant haben. Denn kaum jemand mag sich beim Abendessen auf die kostenlose Carafe d’eau aus Leitungswasser beschränken (die hier im Unterschied zu Deutschland allerdings anstandslos gereicht wird).
Auf der Suche nach einer preiswerten, dennoch landestypischen Abendmahlzeit haben wir in Paris jedenfalls sehr viele Lokale gesehen, denen wir uns nicht anvertraut haben. Brasserien an großen Boulevards mit roter Markise und befrackten Kellnern offerieren das obligatorische Steak frites für 16,90 Euro aufwärts – Nebenkostendesaster durch horrende Getränkepreise inklusive.
Ein kleines Paradies fanden wir dann in der schmalen Rue du Paradis, ganz in der Nähe des Bahnhofs Montparnasse. Das Innere des „Restaurant du Paradis“ gibt sich eher „urig“ als mondän (und mit sicher deutlichen Schwächen bei der einzigen Toilette). Die Einheimischen am Nachbartisch wiesen darauf hin, dass die Ansammlung von Madonnen-Devotionalien über dem Tresen keinesfalls von Franzosen stammen könne, der Wirt komme sicher aus Spanien oder Portugal. Wir hingegen meinten auch noch einen nordafrikanischen Touch festgestellt zu haben.
Es werden Menüs zu 8, 10, 12 und 15 Euro angeboten. Beim 12-Euro-Menü wählten wir bei unserem ersten Besuch einen Nizzasalat als Vorspeise, der mit Dosenmais und geraspelten Möhren zugegebenermaßen nicht ganz dem Original entsprach. Thunfisch und Ei waren allerdings dabei. Als Hauptgericht kam ein „Faux Filet“, also ein gegrilltes Rinderlendensteak, mit klasse hausgemachten Pommes Frites. Dass das Steak alles andere als durch war, beruhte auf einem Kommunikationsfehler des Gastes. Die beiden (großen) Kugeln Pistazien- und Cassis-Eis, die wir zum Nachtisch wählten, waren von vorbildlicher geschmacklicher Dichte. Das Cous-Cous mit Huhn, das wir für 10 Euro à la carte orderten, kam opulent und unerwartet auf gleich drei Tellern bzw. Terrinen: eine fürs Couscous, eine für eine Gemüsepfanne, und die dritte trug einen Hähnchenschenkel. Zuvor war – ebenfalls à la carte – eine typische französische Zwiebelsuppe mit Crouton und Käsegratin aufgetischt worden.
Bei den Getränkepreisen gibt es im Le Paradis eine deutliche Entspannung gegenüber dem oben zitierten Standard. Ein halber Liter gut trinkbaren offenen Weins (rot, weiß, rosé) kostet hier mit 6 Euro weniger als die Hälfte des nebenan Üblichen. Das Bier (Kronenbourg) zum Aperitiv sollte laut Karte 3,50 Euro kosten und 0,33 l beinhalten; tatsächlich kam eine 0,25 l-Flasche, die dann aber auch nur mit glatten 3 Euro berechnet wurde. Beim ersten Abend standen am Ende moderate 38 Euro für zwei auf der Rechnung. Soviel zahlen wir – bei zurückhaltender Bestellung – in Berlin beim Griechen um die Ecke auch.
Am zweiten Abend haben wir dann im Rahmen des (teuersten!) 15-Euro-Menüs eine pikante Fischsuppe bekommen, dann zwei große Lammkoteletts als Hauptgericht, und an der Position des Desserts erhielten wir auf Wunsch anstandslos und ohne Aufpreis eine auf der Karte nicht vorgesehene kleine Käseauswahl gereicht. Das Faux Filet im Rahmen des 12-Euro-Menüs war dieses Mal allerdings auf einer Seite zu schwarz gegrillt – wohl die Überreaktion der Küche auf unseren Wunsch, das Steak „bien cuite“ haben zu wollen.
Fazit: Es gibt unzählige Restaurants dieser Art in typischen Urlaubsgebieten, und sicher auch zu Hunderten in Paris. Nicht alles ist hier perfekt, aber der Gast wird nicht geneppt, das Essen ist reichlich, und die Rechnung bleibt am Ende überschaubar. Für Montparnasse ist das „Le Paradis“ also eine kleine Entdeckung.
Restaurant Le Paradis, 18 rue Maine, 75014 Paris
www.restaurantleparadis.fr
Nachtrag:
In der rue d’Odessa ganz in der Nähe ist noch ein preiswertes Lokal mit traditioneller französischer Landküche (unbedingt Cassoulet probieren):
„Aux Produits du Sud Ouest“, 21 rue Odessa, 75014 Paris