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Moderne Villen in Langerwisch südlich von Berlin

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In Langerwisch, einem Ortsteil von Michendorf im Kreis Potsdam-Mittelmark, finden sich zwei neusachliche Villen der späten 1920er Jahre eines weitgehend unbekannten Architekten namens K. F. W. Rausch. Wer ist das? Ein baugeschichtliches Rätsel tut sich auf…

Rembrandtstr. 12

Langerwisch ist ein seltsamer Ort. Zwischen Berlin und Potsdam gelegen, besteht er aus drei miteinander unverbundenen Teilen.

– In Alt-Langerwisch steht an der zentralen Straßenkreuzung das ehemalige Gutshaus, das „nach 1813“ (Dehio) als Umbau eines barocken Vorgängerbaus und angeblich nach Plänen von David Gilly entstanden ist. Dem vorbeifahrenden Besucher erscheint das Gutshaus als das, was es seit ca. 1920 ist: als Gaststätte, derzeit als Pizzeria genutzt. Der Rest von Alt-Langerwisch ist baugeschichtlich augenscheinlich wenig interessant.

– Neu-Langerwisch ist offenbar eine planmäßige, langgestreckte barocke Anlage mit einer Dorfkirche von 1772. Mehrere Höfe aus dem 18. Jahrhundert stehen hier unter Denkmalschutz.

– Und dann gibt es noch einen Ortsteil, von Neu-Langerwisch durch freie Feldflur getrennt, der von Villen und Einfamilienhäusern des frühen 20. Jahrhunderts geprägt wird. Dieser Ortsteil grenzt übergangslos an die Ortschaft Wilhelmshorst an.

In diesem dritten Ortsteil fallen drei Villen der 1920er Jahre auf:

Feuerbachstr. 5

Das Haus Kopf in der Feuerbachstraße 5 ist laut Dehio

ein eingeschossiger Klinkerbau mit Flachdach in Formen des Neuen Bauens, 1932 von E. Danneberg, Berlin. Zur Straße spärlich durchfensterte, die Terrasse abschirmende Blendwand, zum Garten geöffnet, das Flachdach überragt von einem rundum verglasten Pavillonzimmer.

Die Denkmaltopographie benennt den Architekten mit „Danneberg, Ernst, aus Berlin-Lichterfelde“.

Feuerbachstr. 5. Foto: Rainer Paetau, aus: 100 Jahre Wilhelmshorst, 2007

Noch interessanter sind die beiden Bauten in der direkt benachbarten, parallel geführten Rembrandtstraße.

Rembrandtstr. 12

Rembrandtstr. 12. Foto: Rainer Paetau, aus: 100 Jahre Wilhelmshorst, 2007

Das „Landhaus Eberhard“ in der Rembrandtstraße 12 steht unter Denkmalschutz (hier die Text der Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark). Auch (oder: erst) in der neuesten Auflage des Dehio (2012) ist es erwähnt. Das Haus Nr. 12 ist demnach ein

ein- bis zweigeschossiger weißer Putzbau mit Flachdach und halbrund vorspringenden Gebäudeteilen in Formen des Neuen Bauens von K. F. W. Rausch, Berlin, 1929-30.

Rembrandtstr. 14

Das benachbarte Haus Nr. 14 wird dagegen im Dehio nicht erwähnt, obwohl es im offensichtlichen Zusammenhang mit der Nr. 12 steht (auch wenn sich heute ein wesentlich jüngeres Haus Nr. 12a dazwischen schiebt). Die Nr. 14 stammt ebenfalls von jenem Architekten K. F. W. Rausch. Im Text der Denkmaltopographie zur Nr. 12 wird die Nr. 14 erwähnt und als „wenig älter“ bezeichnet. In der Denkmalliste wird sie überraschend früh mit 1926/27 datiert. Bauherr dieses „Landhauses Rausch“ war wohl der Architekt K. F. W. Rausch selbst, allerdings werden seine Initialen in der Denkmalliste mit Fragezeichen versehen.

Rembrandtstr. 14

Wer war also dieser Rausch?

Meine Literatur schweigt sich dazu weitgehend aus. Im Standardwerk von Ribbe/Schäche „Baumeister. Architekten. Stadtplaner“ ist er nicht erwähnt. Auch in diversen (Berliner) Denkmaltopographien gibt es keinen Hinweis auf diesen Namen. Weder im Berliner noch im Brandenburger Dehio findet sich der Name im Register (was für Brandenburg 2012 ein offensichtlicher Fehler ist).

In der Ortschronik „100 Jahre Wilhelmshorst“, Hg. Rainer Paetau, Wilhelmshorst 2007, gibt es eine kommentierte Liste der Baudenkmäler in Wilhelmshorst, die auch einige Straßenzüge von Langerwisch berücksichtigt. Dieser Beitrag „Die Kultur des Bewahrens. Denkmalgeschütztes in Wilhelmshorst“ von Claudia Kromrei und Rainer Paetau (S. 81 ff.) wird in den amtlichen Denkmaltopographien des Landesdenkmalamts für die Feuerbachstraße 5 und die Rembrandtstraße 12 als Quelle zitiert. Die Rembrandtstraße 14 ist in dem Beitrag nicht erwähnt. Insofern führt diese Quelle auch nicht weiter, weder zum Architekten Rausch noch zu näheren Informationen zur Rembrandtstraße 14. Meine Literaturrecherche muss also noch weitergehen…

Übrigens: Über den Architekten der Feuerbachstraße 5, Ernst Danneberg, lässt sich etwas mehr herausfinden. Er ist besonders im Wohnungsbau der NS-Zeit in Berlin hervorgetreten. So war er einer der vier (andere Quelle: fünf) Architekten der Siedlung am Grazer Damm, die 1938-40 errichtet wurde und mit ihren 2.000 Wohnungen laut Wikipedia „die größte vollendete Siedlung aus der Zeit des Nationalsozialismus in Berlin“ darstellt. 600 davon stammten von Danneberg. Zuvor hatte er 1933/34 das originelle, mit einer Spitztonne gedeckte Einfamilienhaus Achenseestraße 4 in Berlin-Lichterfelde gebaut. Beteiligt war er weiterhin an einer GSW-Siedlung an der Kniprodestraße in Prenzlauer Berg, die 1943 kriegsbedingt im Rohbau liegenblieb. Vollenden konnte Danneberg eine Siedlung an der Köpenicker Landstraße in Treptow (1938/39, für die GSW) und eine Wohnanlage in Lichtenberg an der Gisela- und Münsterlandstraße (1937, ebenfalls für die GSW). In der Hildegardstraße 4-5 in Wilmersdorf bebaute er 1939/40 eine Baulücke für die BEWOGE (Quelle: hauptsächlich Michael Haben, Berliner Wohnungsbau 1933-1945, Berlin 2017).

Geschrieben von Benedikt Hotze

3. Oktober 2018 um 12:42

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