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An der Ruhr und über der Ruhr: Essen-Steele und der Ruhrhöhenweg

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Ein Besuch in Essen-Steele zeigt einen grünen Ort an und über der Ruhr – und manches Zeichen des Verfalls bei Teilen des beliebten Wanderwegs Ruhrhöhenweg

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Abbildung: Stadt Essen (Link zur Quelle)

Das liebenswerte Städtchen Steele, urkundlich älter als Essen, ist 1929 dorthin eingemeindet worden. Bei einer verheerenden „Sanierung“ in den sechziger und siebziger Jahren ist Steele autogerecht umgebaut worden, und es wurden große Teile der Altstadt abgerisssen. Der Bereich, dem unser Besuch gilt, ist davon allerdings kaum berührt – sieht man einmal von der Henglerstraße ab, die als vierspurige Südtangente den Ortskern seitdem von der Ruhr abschneidet.

Am Ruhrufer ist auf der alten Trasse der Bahnstrecke von Mülheim-Heißen nach Burgaltendorf ein uferbegleitender Rad- und Fußweg entstanden, der am aufgelassenen Bahnhof Essen-Steele Süd an der Kurt-Schumacher-Brücke (1) vorbeiführt. Dieser Abschnitt der Bahnstrecke wurde von der Deutschen Bundesbahn 1965 für den Personenverkehr und 1979 für den Güterverkehr stillgelegt. Die offizielle Entwidmung erfolgte 2001, so dass erst seitdem die durchgängige Benutzung des Rad- und Fußwegs möglich ist.

Im Bereich Steele ist dieser Weg auch Bestandteil des Ruhrhöhenwegs. Dieser Wanderweg wurde vom Sauerländischen Gebirgsverein 1975 definiert und reicht von der Quelle bis zur Mündung der Ruhr. 2013 wurde er neu markiert; die Markierung besteht aus einem weißen Andreaskreuz (X) mit dem Buchstaben „R“.

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Im Bereich des Spillenburger Wehrs sind zwei Eisenbahn-Kastenbrücken über einen Nebenarm der Ruhr erhalten (2), die für den Rad- und Fußgängerverkehr genutzt werden.

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Das Haus Westfalenstraße 62 fällt als vorindustrielles, teilweise verputztes Natursteingebäude mit Krüppelwalmdach auf, das mutmaßlich aus dem späten 18. oder dem frühen 19. Jahrhundert stammt.

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Nahe der Einmündung der Spillenburgstraße in die Westfalenstraße, gegenüber dem Haus Spillenburgstraße 86, (3) beginnt ein Fußweg als Teil des Ruhrhöhenwegs.

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Er führt hinter dem Knappschaftskrankenhaus (4) entlang und befindet sich in einem ungepflegten Zustand. Die Bruchsteinmauer des Knappschaftskrankenhauses ist stellenweise schief geneigt und erscheint einsturzgefährdet. Ungeachtet dessen erscheint das Knappschaftskrankenhaus hinter der Mauer aus dieser Perspektive wie eine Art strahlende Stadtkrone.

Eine in den 1970er Jahren noch genutzte Treppenanlage vom Ruhrhöhenweg zur Straße Am Deimelsberg ist inzwischen verfallen (5).

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Geht man von hier aus in den Steeler Stadtgarten und bewegt sich bergan zum Odysseus-Denkmal von F. Guntermann (6), befindet sich linker Hand ein überwuchertes Gelände, auf dem einst eine Freilichtbühne stand.

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Diese wurde in den 1970er Jahren letztmalig mit dem Stück „Andorra“ von Max Frisch bespielt. Nähere Informationen zu dieser Freilichtbühne fehlen.

Nachtrag 2018: Ein alter Prospekt von 1970 enthält Informationen zur „Freilichtbühne auf dem Deimelsberg“

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Der Steeler Stadtgarten (Link zu Wikipedia) wurde 1911 eröffnet und ist heute ein Gartendenkmal.

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Das als „Saalbau“ (7) bezeichnete zentrale Gastronomiegebäude beherbergte im 20. Jahrhundert ein Restaurant und regelmäßig größere Veranstaltungen; heute ist die gut restaurierte Baulichkeit im Neobarock-Stil für eine fallweise Bewirtschaftung buchbar (Link zum Betreiber).

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Der Stadtgarten Steele vermittelt topographisch zwischen dem Niveau des Ruhrtals und der wesentlich höher gelegenen Wohnbebauung am Steeler Wasserturm. Wegen seiner Lage an der steil abfallenden Kante zum Ruhrtal bietet der Stadtgarten mehrere spektakuläre Aussichtspunkte auf die Ruhr und den Stadtteil Überruhr.

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Eine heute noch genutzte, steile Wegverbindung (8) führt vom Stadtgarten zur Westfalenstraße etwa auf Höhe der Hausnummer 243. Dort, wo dieser Weg oben in den Stadtgarten mündet, stand bis ca. 1970 ein winziges Häuschen, das von einer älteren Frau dauerhaft bewohnt wurde.

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Nach dem Tod der Frau hat die Stadt das schieferverkleidete Häuschen sofort abgerissen.

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Eine weitere Verbindung führte von der ersten Wiese des Stadtgartens an der Schnütgenstraße (9) ebenfalls auf den Weg zur Westfalenstraße; diese Verbindung war bereits in den 1970er Jahren gesperrt und ist heute nur noch durch Reste eines Geländers und einige Stufen auszumachen. In den Katasterkarten der Stadt ist dieser Weg immer noch eingezeichnet.

Lageplan Stadtgarten von 1929, Quelle: Denkmalliste Stadt Essen. Die in Frage stehenden Wege sind hier eingezeichnet

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Die Bruchsteinmauer, die den Stadtgarten zur Schnütgenstraße hin abschließt, wies ursprünglich eine Treppenanlage (10) etwa auf Höhe der Einmündung Büssemstraße auf. Diese Treppe ist nach 1980 verfallen und wurde dann zugemauert.

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Die an den Stadtgarten anschließende Bebauung der Schnütgenstraße ist gegen Mitte/Ende der 1920er Jahre entstanden. Das Haus Schnütgenstraße 24/26 stammt nach Auskunft des Eigentümers von 1928.

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Das expressionistisch beeinflusste Gebäude Schnütgenstraße 3/5 steht unter Denkmalschutz. In der Denkmalliste wird es etwas unscharf mit „um 1920“ datiert.

An der Biegung der Schnütgenstraße nahe der Hausnummer 13 (11) befand sich früher ein Tor, das zu einem Fußweg führte, der von hier aus über hochgelegene gastronomische Außenterrassen des Gasthauses an der Westfalenstraße 305 (12) bis zur Passstraße führte. Dieser Weg kann auch als Teil des Ruhrhöhenwegs aufgefasst werden. Er war schon in den 1970er Jahren gesperrt; die teilweise in den Berg gegrabenen Gebäude der gastronomischen Nutzung verfielen und dienten damals unter der Phantasiebezeichnung „Alter Garten“ als nicht ungefährlicher Spielplatz für Jugendliche.

Fazit: Der Spaziergang an der Ruhr ist heute in Steele durch die Umnutzung der Bahntrasse bequem möglich; wer dagegen vorhat, sich über die Ruhrhöhen zu bewegen, wird mehrfach durch Spuren des Verfalls gebremst.

(Besuch: 29. 12. 2016; Fotos: Benedikt Hotze mit iPhone 5s)

Geschrieben von Benedikt Hotze

2. Januar 2017 um 16:49

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